Volker Zahner
Biber und Weiden – eine Beziehung zum gegenseitigen Nutzen? - LWF-Wissen 24
Von rund 500 Weidenarten sind etwa 50 in Mitteleuropa heimisch, wovon die Mehrzahl in Auen lebt [Lautenschlager-Fleury1994]. Ob als Strauchweiden im Ober- oder als Baumweiden im Unterlauf von Bächen und Flüssen, ökologisch sind sie in der unteren Weichholzaue angesiedelt. Dort treten im Jahresverlauf große Wasserschwankungen auf, so dass nach Überflutungen von wenigen Tagen bis zu mehreren Monaten oft Trockenperioden folgen. Eisschub und Kies entwurzeln oder beschädigen immer wieder die Bäume. Um hier überleben zu können, müssen sie biegsam sein und starkes Regenerationsvermögen besitzen. Dementsprechend sind Weiden, wie keine andere heimische Baumgattung in der Lage auf Verletzungen mit intensiven Stockausschlägen zu reagieren.
Im gleichen Lebensraum, eng an die Weiden angepasst, lebt der Biber, Deutschlands größtes Nagetier. Dabei bildet die Rinde von Weichlaubhölzern, allen voran die Weiden über 8 Monate im Jahr die wichtigste Nahrung [Pagel 1989]. Die rohfaserreiche, energetisch aber wenig ergiebige Rinde kann der Biber mittels besonderer Bakterien im Blinddarm aufschließen [Hoover u. Clarke 1972]. Dieser bakterieneiweißreiche Vitaminkot wird ausgeschieden und erneut zur Verdauung aufgenommen [Tevis 1950]. Dadurch gelingt es ihm auch aus proteinarmer Nahrung in Zeiten des Nahrungsmangels seinen Eiweißbedarf zu decken. Jungtiere nehmen die Darmbakterien über den Kot der Alttiere auf.
Die geschälten Astabschnitte dienen wiederum als Baumaterial für seine Dämme und Burgen. Um auch dann zu überleben, wenn Flüsse und Bäche zugefroren sind und der Ufersaum mit Weichlaubholz nicht erreichbar ist, benötigen Biber einen unter Wasser lagernden Wintervorrat. Aufgrund der großen Bedeutung der Weichlaubhölzer (Abb. 6) legt er Burgen meist gegenüber von Weidengebüschen oder Pappelkulturen an [Zahner 1997]. Dabei nutzt er Strauchweiden von wenigen Zentimetern ebenso, wie Bäume von bis zu 1 m Durchmesser. Hierzu setzt er sein außergewöhnlich kräftiges Gebiss mit den riesigen, tief in den Kiefern verankerten Nagezähnen ein. In den orange farbigen Zahnschmelz ist Eisen eingelagert, wodurch er sich ungleich weniger abnutzt, als das dahinter gelegene, weiche Dentin. Damit schärfen sich die Zähne beim Fällen immer wieder automatisch nach.
Duftstoffe spielen in der Kommunikation des Biber eine besondere Rolle. In seiner Präputialdrüse finden sich rund 100 verschiedene chemische Verbindungen, darunter auch Inhaltstoffe von Weiden, wie die Salicylsäure [Lederle 1942]. Diese Pheromone werden u.a. eingesetzt um das Territorium zu markieren, Partner zu finden und sich bei Dunkelheit zu orientieren [Müller-Schwarze 1992].
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