Dr. Florian Knutzen und Dr. Eva Cremer
GenTree – »europäischer Beitrag« zur Erhaltung forstlicher Genressourcen – LWF aktuell 124
Eine Schlüsselkomponente forstlicher Ökosystemen ist die genetische Diversität. Eine hohe Variabilität in den Erbanlagen bietet mehr Anpassungsfähigkeit bei sich ändernden Umweltbedingungen. Bisher ist weitgehend unbekannt, wie und mit welcher Geschwindigkeit sich Waldbestände natürlich anpassen.
Die Erhaltung genetischer Vielfalt bzw. Diversität und damit die Erhaltung forstgenetischer Ressourcen sind dabei von extrem hoher Bedeutung. Um Grundlagen über solche Prozesse zu erhalten und darauf basierend europaweit Bewirtschaftungsund Politikkonzepte ableiten zu können, wurde 2016 das EUProjekt »GenTree« gestartet. An diesem Projekt nehmen 22 Institutionen aus 16 Ländern teil, das Finanzvolumen liegt bei acht Millionen Euro.
»GenTree« soll den europäischen Forstsektor mit verbesserten Erkenntnissen, Methoden und Werkzeugen versorgen. Dadurch kann der Umgang und die nachhaltige Nutzung forstgenetischer Ressourcen im Kontext der globalen Erwärmung optimiert werden. Grundlage dafür sind Untersuchungen an zwölf wirtschaftlich bedeutenden Baumarten (u. a. Rotbuche, Fichte, Waldkiefer und Schwarzpappel), die über ein europaweites Netz durchgeführt wurden.
Mehr als 250 Generhaltungsbestände wurden als Beobachtungsflächen in Europa eingerichtet und nach einem einheitlichen Protokoll untersucht. Dafür wurden in Teilstudien phänotypische, phänologische und genetische Merkmalen intensiv erfasst und ausgewertet. Bei drei Arbeitspaketen (Risiko-Bewertung, Jahrringanalysen, genetisches Monitoring) war das AWG beteiligt.
Risiko-Bewertung
Zoombild vorhanden
Abb. 1: Wahrscheinlichkeiten (in %) für das Vorkommen von Buche im Zeitraum 2081– 2100 (Grafik: AWG)
Risiko-Bewertung Eine Risiko-Bewertung von Gen- erhaltungsbeständen wurde am Beispiel von fünf Baumarten durchgeführt, um die Gefährdung durch verschiedene Faktoren abschätzen zu können. Dadurch soll die Erhaltungsdringlichkeit von Generhaltungsbeständen erfasst werden, um in einem zweiten Schritt eine Sicherung außerhalb des eigentlichen Waldbestandes (Ex-situ-Maßnahmen) vornehmen zu können.
Hierbei wurden neben genetischen Parametern Artverbreitungsmodelle unter Berücksichtigung zukünftiger Klimaszenarien für vier verschiedene Zeiträume einbezogen. Am Beispiel der Buche sind in Abbildung 1 die Vorkommenswahrscheinlichkeiten im Zeitraum 2081-2100 basierend auf dem RCP-Szenario 4.5 aufgezeigt.
Die Ergebnisse dieser Risiko-Abschätzung zeigen, dass ein Drittel der untersuchten Generhaltungsbestände gefährdet sein werden – hauptsächlich aufgrund sich ändernder klimatischer Bedin- gungen in der Zukunft. Wie zu erwarten war, werden Bestände im Süden Europas besonders davon betroffen sein.
Jahrringanalysen
Für die zwölf Projektbaumarten konnten Jahrringanalysen an insgesamt 3.600 Bäumen durchgeführt werden. Aus diesem umfassenden europäischen Datensatz ist eine Publikation entstanden, die verknüpft mit historischen Klimadaten wertvolle Rückschlüsse auf die Reaktionen der Bäume über lange Zeiträume bietet. Eine weitere Verschneidung dieser Jahrringdaten mit genetischen Daten (sog. SNP-Daten) soll in der letzten Projektphase dazu beitragen, anpassungsrelevante genetische Marker zu etablieren.
Genetisches Monitoring
In einem weiteren Arbeitspaket wurde ein genetisches Monitoring für 20 Generhaltungsbestände beispielhaft für zwei einhäusige Baumarten (Waldkiefer, Rotbuche) und zwei zweihäusige Baumarten (Eibe, Schwarzpappel) durchgeführt. Genetische Daten von Altbäumen und einzelbaumweisem Saatgut wurden dabei verwendet, um die genetische Variation der Generhaltungsbestände zu erfassen, das jeweilige Vererbungssystem bzw. die Weitergabe der genetischen Information an die nächste Generation zu überprüfen (z. B. Selbst-/Fremdbefruchtungsrate) und eine Prüfung auf Artreinheit und klonale Strukturen vorzunehmen.
Die Informationen eines solchen genetischen Monitorings stellen die Basis für die Abschätzung von Erhaltungswürdigkeit und Erhaltungsdringlichkeit und in der Folge für Maßnahmen zur Erhaltung dar. Als Ausfluss aus dieser Teilstudie wird derzeit ein Ansatz für ein »Minimalmonitoring « von Generhaltungsbeständen ausgearbeitet, um Kosten und Aufwand möglichst gering zu halten und eine einheitliche Bewertungsgrundlage zu schaffen.
Das Projekt endet im Februar 2020. Die Abschlusskonferenz findet vom 28. bis 29. 1. 2020 in Avignon, Frankreich statt.
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