Amt für forstliche Saat- und Pflanzenzucht
Jahr der Biodiversität – Förderung der Anpassungsfähigkeit – LWF aktuell 121
Die nachhaltige Waldbewirtschaftung hat das Ziel, die Biodiversität im Wald auf allen Ebenen (Ökosystem, Art und Gen) zu erhalten. Dadurch wird sichergestellt, dass die Anpassungsfähigkeit von heutigen und zukünftigen Waldgenerationen erhalten bleibt. Die genetische Vielfalt ist die Basis für die Anpassungsfähigkeit und das Überleben der Baumarten bei sich ändernden Umweltbedingungen. Durch Mutationen in den Erbanlagen und durch bestimmte Mechanismen während der Fortpflanzung entsteht genetische Variation.
Anschließend gehen durch natürliche Auslese oder zufällige Prozesse bestimmte Variationen verloren und andere bleiben erhalten. Bestimmte Umweltfaktoren beeinflussen dabei diese Auslese. Zu Beginn der Verjüngung eines Bestandes stehen viele Millionen von Samen zur Verfügung. Nur ein Teil davon keimt und wächst zu einem Baum. Am Ende steht nur noch ein Bruchteil der Samen als erwachsene Bäume in einem Bestand. Diese sind dann diejenigen, die mit den Umweltbedingungen am besten zurechtgekommen sind.
Zoombild vorhanden
Abb. 1: Die unterschiedlichen räumlichen Ebenen von Vielfalt und Anpassung nach D. Finžgar, Lifegenmon Projekt. (Grafik: LWF, ASP)
Die genetischen Anpassungsprozesse brauchen Zeit und werden in der Forstwirtschaft über das Vermehrungsgut bzw. über die Bewirtschaftungsform und die Verjüngungszeiträume in einem Bestand gelenkt. Die durch den Klimawandel bedingten Veränderungen laufen jedoch so schnell ab, dass sich die Populationen durch die natürlichen Prozesse vielerorts nicht anpassen können (Chen et al. 2011, Warren et al. 2013). Aus diesem Grund besteht die Notwendigkeit, im Klimawandel unterstützend und lenkend einzuwirken.
Aus forstlicher Sicht ist die Steigerung der Artenvielfalt durch Erweiterung der Baumartenpalette und Streuung des Betriebsrisikos auf mehrere Mischbaumarten geeignet, um stabile Waldbestände zu bilden. Dabei sollen neben den Hauptbaumarten auch seltene Baumarten (z.B. Elsbeere, Speierling, Flatterulme, Feldahorn, Eibe) berücksichtigt werden, die sich durch die bisherigen Konkurrenzbedingungen nur in kleineren Nischen durchsetzen konnten. Zusätzlich können nichtheimische Baumarten zur Sta- bilisierung labiler Fichten- und Kiefernbestände beitragen.
Bei der Erhaltung sollte besonderes Augenmerk auf seltene autochthone Baumarten wie die Zirbe gerichtet werden. Durch den Klimawandel und die Verschiebung der Areale wird der Lebensraum für Baumarten und Tiere, die in diesen Bestände leben, immer knapper. Die Klimaänderung wird voraussichtlich zu einer Meereshöhenverschiebung der Baumarten führen. Dadurch wird die Zirbe in noch größere Höhenlagen gedrängt. Damit kann die Zirbe als Zeigerart dienen, die besonders sensibel und frühzeitig auf Klimaveränderungen reagiert.
Durch Bestandsrückgang in den Zirbenvorkommen der Nordalpen enthalten diese Bestände bereits jetzt reduzierte genetische Vielfalt. Das kann sich auf den Keimungserfolg von Samen aus kleinen Beständen auswirken, was sich langfristig als Problem für die Erhaltung solcher Vorkommen herausstellen könnte. In solchen Fällen empfiehlt sich die Einrichtung von Langzeit-Monitoring-Flächen und könnte in weiterer Folge ex-situ-Erhaltungsbestände not- wendig machen. Folgende Schwerpunkte, die bereits angelaufen sind, werden intensiv weitergeführt. Sie sollen Wissen generieren und als Entscheidungshilfen bei Waldumbaumaßnahmen dienen:
- Genetisches Monitoring (national und international)
- Umsetzung Generhaltungskonzept und Maßnahmen (in-situ und ex-situ)
- Erhalt resistenter Eschen
- Untersuchung der genetischen Vielfalt von Saatguterntebeständen
- Identifikation und Erhaltung angepasster Populationen (core and marginal)
- Schaffen von Voraussetzungen für die Erzeugung von hochwertigem forstlichem Vermehrungsgut
Als erste Maßnahme sollten Flächen für das genetische Monitoring wichtiger Baumarten installiert werden, um mögliche Veränderungsprozesse zu erkennen und als Frühwarnsystem zu nutzen. Bei Haupt- und Nebenbaumarten folgt die Um- setzung der Strategien zum Erhalt und zur nachhaltigen Nutzung forstlicher Genressourcen (siehe Beitrag Eckel) in Bayern.
Die Umsetzung liefert einen entscheidenden Beitrag zur Erhaltung der genetischen Vielfalt in Bayerns Wäldern und folgt dem Prinzip »Schützen und Nutzen«. Die Ausweisung von Generhaltungsbeständen leistet einen wichtigen Beitrag, damit unsere Wälder auch in 100 Jahren vielfältig und anpassungsfähig sind und ihre Erbanlagen an die Nachkommen weitergeben.
Ein wichtiger Beitrag kann geleistet werden, wenn die Anpassung der Forschungsansätze und -aufgaben hinsichtlich Erhaltung der Biodiversität über alle Fachdisziplinen hinweg vorgenommen wird.
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