Kathrin Weber und Christine Franz
Waldfledermäuse - LWF-aktuell 111

Förster und Waldbesitzer können viel für unsere fliegenden Säugetiere tun

Vom Mensch häufig unbemerkt leben 22 Fledermausarten in Bayern. Etwa zwei Drittel von ihnen sind so eng an den Wald gebunden, dass sie als »Waldfledermäuse« gelten. Für sie stellen unsere heimischen Wälder einen unverzichtbaren Lebensraum dar. Hier finden sie die lebenswichtigen Ressourcen: Quartiere und Jagdgebiete. Auf beides wird bei der Waldbewirtschaftung unmittelbar Einfluss genommen.

Ursprünglich hatten die meisten Fledermäuse ihre Quartiere vorwiegend im Wald. Doch viele Arten sind als Kulturfolger in den Siedlungsbereich gewandert. Zum einen verschlechterte sich im Wald die Quartiersituation, zum anderen bildeten sich in Siedlungen neue passende Quartiermöglichkeiten. Die Nutzung des Waldes ist bei den meisten Arten vermutlich höher als derzeit bekannt. Fast alle heimischen Fledermäuse nutzen den Wald, wenn auch in unterschiedlich intensiver Form.

Fledermaus fliegt nachts im Wald.Zoombild vorhanden

Abbildung 1: Das Große Mausohr ist unsere größte heimische Fledermaus. (Foto: Thomas Stephan)

Während gebäudebewohnende Arten oft nur zur Jagd in den Wald fliegen, verbringen andere Arten ihr gesamtes Leben dort. Diese Waldfledermäuse jagen nicht nur im Wald, sondern haben dort auch ihre Sommerquartiere oder Wochenstuben und einige überwintern auch in Baumhöhlen.

Je nach Grad der Waldnutzung werden Fledermäuse dementsprechend in »Offenland- und Waldfledermäuse « bzw. »Gebäude- und Baumfledermäuse « eingeteilt.

Fast keine Art hält sich jedoch ausschließlich in nur einem Lebensraum auf, es gibt viele Übergänge.

Schutzstatus der heimischen Fledermausarten

Alle unsere heimischen Fledermausarten sind im Anhang IV der Fauna-Flora-Habitat( FFH)-Richtlinie gelistet. Nach § 7 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) sind sie somit gesetzlich besonders sowie streng geschützt. Für manche Arten wie die Bechsteinfledermaus (Foto) haben wir in Bayern zusätzlich eine besondere Verantwortung für ihren Schutz und ihre Erhaltung. Diese Arten sind im Anhang II der FFHRichtlinie gelistet und es wurden für sie extra FFH-Gebiete ausgewiesen.

14 Fledermausarten gelten außerdem nach der Roten Liste der gefährdeten Tierarten Bayerns als gefährdet, stark gefährdet oder vom Aus- sterben bedroht. Auch ihre Lebensstätten sind geschützt. Nach §44 Abs.1 Nr.3 BNatschG ist es verboten, Fortpflanzungsund Ruhestätten bestimmter Arten – u. a. der Fledermausarten – aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.

Was braucht eine Waldfledermaus?

Fledermäuse im Quartier.Zoombild vorhanden

Abbildung 2: Bechsteinfledermäuse (Foto: A. Zahn)

Eine wichtige Struktur im Fledermauslebensraum ist das Tagesquartier. Während Gebäudefledermäuse warme Dachböden oder beispielsweise Spalten unter Holzverkleidungen an Hauswänden bewohnen, nutzen Waldfledermäuse schmale Spalten in Baumrissen oder unter abstehender Rinde sowie Specht- oder Faulhöhlen in alten oder anbrüchigen Bäumen.

Wichtig ist, dass viele solcher Baumquartiere vorhanden sind, denn baumbewohnende Fledermausarten wechseln sehr häufig das Quartier. Damit versuchen sie, Parasiten und Prädatoren zu vermeiden, haben aber auch die Möglichkeit – je nach Witterung – einen wärmeren oder kühleren Unterschlupf zu beziehen.
Einen besonders hohen Bedarf an Baumhöhlen hat zum Beispiel die Bechsteinfledermaus.

Telemetrie- Untersuchungen haben gezeigt, dass eine Wochenstubenkolonie im Laufe eines Sommers bis zu 50 verschiedene Quartierbäume in einem engen räumlichen Verband nutzt.

Quartiertypen

Alte tief gezwieselte Rotbuche am Hang.Zoombild vorhanden

Abbildung 3a: Ausgefaulter Baumzwiesel (Foto: C. Franz)

Die einzelnen Waldfledermausarten nutzen unterschiedliche ökologische Nischen.

Specht- und Faulhöhlen oder Astlöcher sind beliebte Quartiere höhlenbewohnender Fledermäuse wie Bechsteinfledermaus, Wasserfledermaus oder Großer Abendsegler.

Stammrisse oder abstehende Rindentaschen werden von Arten wie Mops- und Brandtfledermaus genutzt, die im Tagesquartier nicht frei hängen, sondern Bauch- und Rückenkontakt im engen Raum bevorzugen.

Ausgefaulte Spaltenquartiere in Baumzwieseln sind wiederum ideale Höhlen für die Wochenstuben des Kleinen Abendseglers.

Jagdhabitat

Fledermaus schaut aus Baumhöhle.Zoombild vorhanden

Abbildung 3b: Kleinabendsegler (Foto: A. Zahn)

Ebenfalls wichtig im Waldfledermaus-Lebensraum sind ergiebige Jagdgebiete im Umgriff der Quartiere.

Die meisten Fledermäuse jagen nur in einem Umkreis von wenigen 100 m, manche auch bis wenige Kilometer um ihr Tagesversteck. Gejagt wird überall dort, wo es genügend Beutetiere gibt.

Besonders insektenreich sind vor allem alte, totholzreiche Laubwälder, Waldlichtungen, aber auch kleine Lichtschächte, strukturierte, lockere Waldränder sowie Tümpel oder Bäche.

Fledermausfreundliches Wirtschaften

Für das Vorkommen von Fledermäusen im Wald und deren Schutz kommt es also vor allem auf Strukturvielfalt an. Waldbesitzer und Förster können mit vergleichsweise einfachen Maßnahmen attraktive Fledermaus- Lebensräume schaffen und erhalten.

Nahrungsangebot verbessern

Waagerechtes Balkendiagramm zu Sommerquartieren und Jagdgebeiten im Wald durch 17 Fledermausarten.Zoombild vorhanden

Abbildung 4: Für den Großteil unserer heimischen Fledermausarten ist der Wald ein wichtiger Lebensraum.
(Quelle: DVL, verändert)

Unsere Fledermäuse sind hochspezialisierte Insektenjäger. Ihre Nahrungshabitate wählen sie daher nach dem Vorkommen ihrer Beutetiere aus. Viele Insekten sind sehr stark an Laubbäume gebunden, deshalb bevorzugen Fledermäuse Laubund Laubmischwälder.

Aber auch Nadelwälder mit Laubholzanteilen bieten ihnen gute Jagdmöglichkeiten. Daher kommt es gerade hier auf die Erhaltung und Beimischung von Laubbäumen an. Durch die Anlage von blütenreichen Waldinnenrändern, strauchreichen Waldaußenrändern, aber auch von Waldwiesen können Waldbesitzer zudem aktiv zum Fledermausschutz beitragen.

Auch das Belassen von stehendem und liegendem Totholz erhöht die Insektenvielfalt und somit das Nahrungsangebot zusätzlich. Mit einer Wiedervernässung feuchter Standorte oder der Anlage von Feuchtbiotopen können ebenfalls ergiebige Jagdhabitate geschaffen werden. Auf den Einsatz von Pestiziden (v. a. Insektizide) sollte möglichst verzichtet werden.

Quartiere erhalten und fördern

Alter abgestorbener Baum in Laubholzbestand.Zoombild vorhanden

Abbildung 5a: Baum mit Höhlen (Foto: C. Franz)

Damit sich Fledermäuse in unseren Wäldern halten oder ansiedeln können, benötigen sie auch geeignete Quartiere.

Durch die Förderung und konsequente Erhaltung von Bäumen mit Höhlen bzw. Spaltenquartieren in älteren Beständen und den Aufbau eines Nachfolgerverbundes aus Biotopbaumanwärtern in jüngeren Beständen kann langfristig ein Netz aus geeigneten Quartieren entstehen.

Vor allem stehende abgestorbene Bäume weisen oft zahlreiche Quartierstrukturen auf und sollten, wo möglich, belassen werden. Ein attraktiver Fledermaus-Lebensraum weist neben geeigneten Nahrungshabitaten auch zahlreiche Höhlen- bzw. Spaltenbäume auf. Davon profitieren auch viele weitere Tiergruppen wie höhlenbrütende Vögel, Bilche oder Insekten.
Nadelbaum mit abblätternder Rinde in Laubholzbestand.Zoombild vorhanden

Abbildung 5b: Baum mit abstehenden Rindentaschen (Foto: C. Franz)

Da Fledermäuse jedoch in Konkurrenz mit diesen stehen, verdienen insbesondere Höhlenbäume besondere Beachtung. Fledermausquartiere stehen zudem unter gesetzlichem Schutz.

Für den Waldbewirtschafter ist es daher eine gute Hilfe, bekannte Fledermausquartiere (Sommerund Winterquartiere) und Biotopbäume zu kennzeichnen und damit ihre Erhaltung zu sichern. In strukturarmen Wäldern ist es sinnvoll, zur Überbrückung der Quartierarmut künstliche Quartiere in Form von Fledermauskästen anzubieten.

Rund- oder Spaltenkästen werden generell gerne von Fledermäusen angenommen und liefern zudem auch wertvolle Hinweise, welche Fledermausarten im jeweiligen Wald leben

Jagdhabitate fördern und vernetzen

Abgestorbene Starkbuche mit mittigem Längsriss in Laubholzbestand.Zoombild vorhanden

Abbildung 5c: Baum mit Stammrissen (Foto: K. Weber)

Fledermäuse jagen bevorzugt in Waldbeständen, die sie gut durchfliegen können.

Hierzu zählen hallenartige Bestände genauso wie lockere mehrschichtige Wälder. Lücken und Lichtschächte fördern die Attraktivität noch zusätzlich.

Damit Fledermäuse aus den Siedlungsbereichen ihre Jagdgebiete im Wald einfach und gefahrlos erreichen können, sollten zudem Baumreihen, Feldgehölze und Heckenstreifen als Vernetzungslinien erhalten bleiben bzw. an- gelegt werden.

Entlang dieser Leitlinien können Fledermäuse sich nicht nur besser orientieren und energiesparender im Wind- schatten fliegen, sondern sie finden auch mehr Nahrung sowie Schutz vor Feinden.

Fledermäuse und Natura2000

Blühende Streuobstwiese vor Laubwald.Zoombild vorhanden

Abbildung 6: Fledermausfreundlicher Waldrand (Foto: C. Franz)

Aufgrund der besonderen Schutzverantwortung, die wir für Fledermäuse haben, wurden für einige Arten in Bayern Fauna- Flora-Habitat(FFH)-Gebiete im Wald ausgewiesen.

Dem Waldbewirtschafter begegnen im FFH-Managementplan meist die folgenden drei Waldfledermausarten, die im Anhang II der FFH-Richtlinie gelistet sind: Bechsteinfledermaus, Mopsfledermaus und Großes Mausohr (s. Klapper unten).

Häufigste drei Waldfledermausarten aus Anhang II der FFH-Richtlinie

Fledermaus in der Hand eines Experten.Zoombild vorhanden

Foto: H.-J. Hirschfelder

Die Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii)
Diese Art kommt fast ausschließlich in Europa vor. Ihr Verbreitungsschwerpunkt in Bayern liegt vor allem in den nordbayerischen Laubwaldgebieten. Von allen heimischen Fledermausarten ist die Bechsteinfledermaus (neben der erst 2012 in Bayern nachgewiesenen Nymphenfledermaus) am stärksten an den Wald gebunden. Sie ist auf strukturreiche Wälder mit einem großen Angebot an Baumhöhlen angewiesen. Die Sommerund Winterquartiere der sehr ortstreuen Art liegen oft nur wenige Kilometer voneinander entfernt. Mit ihren breiten Flügeln jagt die Bechsteinfledermaus im langsamen Flug vom Boden bis zur Baumkrone und sammelt dabei Insekten vorwiegend von Blättern ab.
Nahaufnahme einer Fledermaus von vorne.

Foto: A. Zahn

Die Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus)
Diese Art ist fast in ganz Europa verbreitet und stark an den Wald gebunden. In Bayern bewohnt sie meist waldreiche Gebirgs- und Mittelgebirgslagen. Sie ist eine Bewohnerin enger Spaltenquartiere und bevorzugt oft Bauch- und Rückenkontakt. Ihre Wochenstuben finden sich vor allem hinter abstehenden Rindentaschen, in rissiger Borke oder in Stammrissen. Alternativ nutzt sie auch Holzverkleidungen und Fensterläden an Gebäuden. Die schnelle Jägerin fliegt bereits in der Dämmerung aus und ist auf Kleinschmetterlinge spezialisiert. Sie jagt im wendigen Flug vor allem im Bereich der Baumkronen und entlang von Waldrändern, aber auch in Gärten und Alleen.
Kopf einer Fledermaus

Foto: A. Zahn

Das Große Mausohr (Myotis myotis)
ist die größte heimische Fledermaus und in Bayern nahezu flächendeckend verbreitet. Die Männchen leben einzeln und haben häufig im Wald ihr Quartier. Die oftmals aus mehreren hundert Individuen bestehenden Wochenstuben befinden sich hingegen in Dachstühlen von Kirchen und anderen großen Gebäuden. Entscheidend ist die Nähe zu geeigneten Waldgebieten. Denn das Große Mausohr hat sich vor allem auf die Jagd nach Käfern am Waldboden spezialisiert. Für diese Jagdstrategie eignen sich besonders mittelalte und alte Laubwälder ohne ausgeprägte Kraut- und Strauchschicht und mit einer deutlichen Laubstreuauflage.

Zusammenfassung

Wald ist ein wichtiger Lebensraum für Fledermäuse. Er bietet Tagesverstecke, Quartiere zur Jungenaufzucht und Jagdgebiete. Die konsequente Erhaltung von Bäumen mit Höhlen bzw. Spaltenquartieren und der Aufbau eines Nachfolgerverbundes aus Biotopbaumanwärtern kann langfristig ein Netz aus geeigneten Quartieren schaffen. Fledermäuse und ihre Quartiere stehen unter gesetzlichem Schutz. Für den Waldbewirtschafter ist es daher eine gute Hilfe, bekannte Fledermausquartiere und Biotopbäume zu kennzeichnen.

Fledermäuse nutzen gerne gut zu durchfliegende, locker aufgebaute, mehrschichtige oder hallenartige Wälder zur Jagd. Nahrungslebensräume mit Laubholz, blütenreiche Waldinnenränder, strauchreiche Waldaußenränder, stehendes und liegendes Totholz, Lücken und Lichtschächte sowie Feuchtflächen erhöhen die Insektenvielfalt und somit das Nahrungsangebot für Fledermäuse.

Eine fledermausfreundliche Waldbewirtschaftung kann daher viel zum Schutz unserer heimischen Fledermäuse beitragen.

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