Lothar Zimmermann und Stephan Raspe
Wieder ein Jahr mit außergewöhnlicher Witterung - LWF-aktuell 125
2019 verlangte wie bereits 2018 dem Wald wieder einiges ab
Nun schon das zweite Jahr in Folge mit einer außergewöhnlichen heiß-trockenen Witterung: Nach 2018, dem bisher wärmsten Jahr seit Beginn flächenhafter Aufzeichnungen des Deutschen Wetterdienstes im Jahr 1881, folgte mit 2019 direkt das drittwärmste Jahr. Die Jahresmitteltemperatur betrug in Bayern 9,5 °C, das sind +2,0 Grad mehr als im langjährigen Mittel 1961–90. Nur 2014 war es mit 9,6 °C noch wärmer (Abbildung 1). Seit 2000 traten in Bayern 8 der 10 wärmsten Jahre auf. In Deutschland liegt 2019 mit 10,3 °C gleichauf mit 2014 auf Platz 2 der wärmsten Jahre seit 1881. Weltweit war es ebenfalls das drittwärmste Jahr, wie Auswertungen globaler Datensätze durch NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration), WMO (World Meteorological Organization) und dem europäischen Copernicus Climate Change Service zeigten. Laut NOAA fanden global seit 2015 die 5 wärmsten Jahre statt. 9 der 10 wärmsten Jahre seit 1880 haben sich nach 2005 ereignet.
Beim Niederschlag (–19%) lag 2019 in Bayern mit 861 l/m² aber nur auf Platz 47 der trockensten Jahre, Spitzenreiter ist hier 1911 mit 642 l/m². Mit einem Plus von 19 % bei der Sonnenscheindauer (1.906 Stunden) lag 2019 auf Platz 5.
Schneechaos in den Bergen
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Abb. 1: Jahresanomalien der Lufttemperatur (Jahresmitteltemperatur minus Periodenmittel 1961-1990) im Gebietsmittel für Bayern 1881–2019 (Grafik: LWF)
Der Winter 2018/19 in Bayern war um 2,1 Grad wärmer als in der Referenzperiode 1961–90. Die Durchschnittstemperatur betrug 1,1 °C, allerdings war er deutlich feuchter als normal. Mit 274 l/m² fiel 37 % mehr Niederschlag als im langjährigen Mittel. Dies wirkte sich nach der langen Trockenheit des Vorjahres positiv auf die Wasserspeicher der Waldböden aus. Nachdem die Monate Dezember und Januar den Wasserhaushalt aufbessern konnten, lief der Februar wieder in die andere Richtung. Trotzdem füllten die Bodenwasserspeicher sich wieder weitgehend (Abbildung 3), auch wenn es regional wie beispielsweise in Unterfranken noch andauerte, bis diese Wiederbefüllung auch im Unterboden stattfand. Die Sonnenscheindauer lag mit 214 Stunden ein Viertel über der Norm.
Der meist nass-kalte und wolkenreiche Dezember 2018 sorgte mit ergiebigen Niederschlägen in weiten Teilen für eine Entspannung bei der Bodenfeuchte. In großen Teilen Frankens wurden die Bodenwasservorräte aber noch nicht aufgefüllt. Tiefdruckgebiete dominierten auch im Januar und führten an den Alpen sowie den Mittelgebirgen zu Dauerschneefällen und Schneechaos. Zeitweise herrschten winterliche Temperaturen, während sonst eher milde Witterungsabschnitte überwogen. Der Februar war zweigeteilt: zunächst wechselhaft und in der zweiten Hälfte dann bei häufigem Hochdruckeinfluss mit viel Sonnenschein und nachts frostig, besonders in klaren Nächten über Schnee. Die Sonne schien 143,5 Stunden. Das waren 85 % mehr als in einem normalen Februar (Abbildung 2).
Kühl-feuchter Mai beendet Serie zu warmer Monate
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Abb. 2: Monatliche Niederschlags-, Sonnenscheindauer- und Temperaturabweichungen an den 19 bayerischen Waldklimastationen sowie an der Wetterstation Taferlruck für das Jahr 2019 (Grafik: LWF)
Im März führten Tiefdruckgebiete vom Atlantik her feuchte und meist sehr milde Luft heran. Ihre Starkwindfelder erfassten immer wieder Mitteleuropa und führten hier zu einer außergewöhnlichen Sturmserie mit Windwurf und Windbruch in den Wäldern. Insgesamt verlief der März deutlich zu mild und zu niederschlagsreich (Abbildung 2). Im April dominierte Hochdruckeinfluss, der warme kontinentale Luftmassen herbeiführte – mit zeitweise sommerlichen Temperaturen. Tiefausläufer streiften Bayern nur selten, es blieb sehr trocken und die Waldbrandgefahr stieg sehr stark an. Eine Kaltfront Ende April sorgte dann flächendeckend für Niederschlag. Der April war nicht nur in Bayern, sondern auch in Deutschland der 13. Monat in Folge, der wärmer als das langjährige Mittel ausfiel. Eine solche Dauer wurde seit dem Beginn flächenhafter Wetteraufzeichnungen 1881 in Deutschland noch nie gemessen. Niederschlag fiel weniger als die Hälfte des langjährigen Mittels. Während des trockenen Aprils nahmen die Wassergehalte ab, aber nur bis knapp vor Ende des Monats, da dann durch die einsetzenden Niederschläge sich die Bodenfeuchte stabilisierte oder vereinzelt auch einen deutlichen Anstieg zeigte (Abbildung 3). Nach 13 überdurchschnittlich warmen Monaten in Folge war der Mai der erste Monat, der im Vergleich zum langjährigen Mittel zu kühl ausfiel. Beim Regen gab es ein »Zuviel« statt ein »Zuwenig«. An vier von sieben Waldklimastationen wurde im Boden der Sättigungsbereich erreicht und teilweise auch überschritten. Sogar in Würzburg stieg der Füllungsgrad kurzfristig auf 100 % der nutzbaren Feldkapazität und betrug zum Monatsende immerhin noch rund 80 %. Insgesamt war das Frühjahr 2019 mit 8,5 °C trotz des kalten Mais um 1,3 Grad wärmer als im Mittel 1961–90. Mit 234 l/m² fiel rund 5 % mehr Niederschlag und die Sonnenscheindauer lag mit 520 Stunden um 12 % über der Norm.
Extreme Hitze im Juli
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Abb. 3: Bodenwasservorräte im gesamten durchwurzelten Bodenraum in Prozent zur nutzbaren Feldkapazität im Jahr 2019 (Grafik: LWF)
Der Juni war deutlich zu warm, zu sonnenscheinreich und meist zu trocken. Gewitter – teils mit Hagel und Starkregen – verbesserten örtlich die Wasserbilanz. Die anhaltende Zufuhr subtropischer Warmluft in Verbindung mit nahezu ungehinderter Sonneneinstrahlung löste in der letzten Juniwoche die erste Hitzewelle des Sommers aus. Als Spitzenwerte an den Waldklimastationen wurden am 26. Juni in Altdorf 36,7 °C und in Würzburg 35,2 °C gemessen. Es fehlten auch die Niederschläge, vor allem im nördlichen Bayern. Der Juni 2019 war mit 19,6 °C bayernweit der Zweitwärmste seit 1881, mit einer Temperaturabweichung von +4,7 Grad gegenüber dem langjährigen Mittel 1961–90 und es fielen mit 53,4 l/m² –52 % weniger Niederschlag. Damit war er der 4.trockenste Juni seit 1881. Und er war mit 310,5 Stunden auch der sonnenscheinreichste Juni (+56 % zu 1961–90) seit 1951 (Beginn flächenhafter Messungen der Sonnenscheindauer). Im Juli wechselten sich Hochs und Tiefs ab. Westliche Strömungen sorgten in den beiden ersten Dekaden für etwas kühlere Bedingungen, bis dann in der letzten Dekade mit einem Hoch sehr heiße Luft aus Nordafrika einströmte. Diese heiße Luft wurde durch die jahreszeitlich astronomisch mögliche hohe Sonneneinstrahlung sowie durch die oft trockenen Böden zusätzlich erhitzt, so dass die zweite außergewöhnliche Hitzewelle einsetzte – mit neuen nationalen Temperaturrekorden. Von 1881 bis 2018 wurden in Deutschland insgesamt zehn Mal 40 °C erreicht oder überschritten, jetzt im Juli 2019 25 Mal in nur drei Tagen! Am 24. Juli verlor Kitzingen seinen nationalen Rekord als wärmster Ort Deutschlands, den es seit 2015 mit 40,3 °C gehalten hatte, an Lingen (Ems) mit 42,6 °C, wobei 14 DWD-Stationen in Deutschland Werte über 40,3 °C anzeigten. Seit dem 25. Juli ist Kitzingen auch nicht mehr der wärmste Ort Bayerns, sondern Kahl a. Main mit 40,4 °C. An der WKS Altdorf wurde am 25. Juli 36,4 °C erreicht, in Dinkelsbühl 37,0 °C und in Würzburg sogar 37,4 °C.
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Abb. 4: Mittlere Veränderung der Baumdurchmesser (kumulativ) von Fichten auf den WKS Ebersberg, Flossenbürg und Höglwald im Vergleich zum mehrjährigen Mittel (2002–2017) (Grafik: LWF)
Die extreme Hitze in Kombination mit den sehr geringen Niederschlägen führte zu einer anhaltenden Trockenheit. Ausgenommen war nur das Alpenvorland, das immer wieder größere Regenmengen durch Gewitter erhielt. Auch im August setzte sich die zu warme, zu trockene und sehr sonnige Sommerwitterung fort. Hochdruckeinfluss wechselte sich mit dem Durchzug von Tiefs oder ihren Ausläufern ab. Gewittrige Niederschläge sorgten wieder für eine hohe räumliche Variabilität der Regenmengen, konnten aber die seit Monaten bestehende Trockenheit nicht beenden. Im letzten Monatsdrittel wurde es dann nochmals sommerlich heiß. Auch der August stellte einen neuen Wärmerekord auf: Mit 18,4 °C lag er +2,4 Grad über dem langjährigen Mittel 1961–90 und erreichte damit Platz 9 der wärmsten August-Monate seit 1881. Der Sommer 2019 mit 19,0 °C (+3,1° Abweichung zu 1961–90) teilt sich mit 2015 den Platz des zweitwärmsten Sommers in Bayern, knapp vor 2018 (18,9 °C), wobei 2003 mit 20,1 °C noch unangefochten den 1. Platz hält. Damit zählen wir vier der heißesten Sommer in 139 Jahren in den letzten 16 Jahren! Positiv ist dabei, dass er bayernweit mit 230,7 l/m² aber nur der 17.trockenste Sommer (–27 % zu 1961–90) war, wobei es in Nordbayern deutlich trockener war als im Süden. Während die Bäume an den nordbayerischen Waldklimastationen (Würzburg, Flossenbürg, Riedenburg) von Ende Juni bis Ende des Sommers unter Trockenstress litten, blieben Bodenfeuchteverhältnisse an den südbayerischen Stationen (Freising, Ebersberg, Höglwald und Mitterfels) über dem Trockenstressbereich (Abbildung 3). Vor allem im Norden Bayerns wurden dann auch vermehrt Trockenschäden an verschiedenen Baumarten beobachtet. Bezogen auf die Sommermonate war 2019 mit rund 787 Stunden (+26 %) der zweitsonnigste Sommer seit 1951, geringfügig noch vor 2018, nur 2003 gab es noch mehr Sonnenstunden.
Herbst 2019: Mehr Regen als 2018
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Abb. 5: Dauerschneefall im Januar führte in weiten Teilen Bayerns zu enormen und bedrohlichen Schneemengen. (Foto: S. Blaschke)
Im September 2019 dominierte hoher Luftdruck. Tiefdruckgebiete, die sich zunächst nur am Alpenrand bzw. im Nordosten ausgewirkt hatten und dort für einen kurzen Anstieg der Bodenwasserspeicher gesorgt hatten (WKS Flossenbürg), brachten erst im letzten Drittel Mittel- und Unterfranken den ersehnten Regen. In Nordbayern zeigten die Bodenwasserspeicher weiterhin sehr geringe Werte. Im Süden und Nordosten sah es deutlich besser aus. Zum meteorologischen Herbstbeginn am 1. September gab es einen kräftigen Temperaturrückgang. Anschließend wechselten sich kühle und warme Abschnitte häufig einander ab. Insgesamt wichen Temperatur, Niederschlag und Sonnenschein in diesem September kaum vom langjährigen Mittel ab.
Im Oktober setzte sich die Ende September begonnene regnerische Witterung fort. Atlantische Tiefs sorgten großflächig für viel Regen. Die häufigen Regenfälle ließen die Bodenfeuchte stark ansteigen. Bis Monatsmitte stieg die Bodenfeuchte auf allen Messstationen mehr oder weniger kontinuierlich an. In Flossenbürg war der Bodenwasserspeicher kurzfristig vollständig gefüllt. In Mitterfels war der Füllstand des Bodenwasserspeichers sogar über 100 %, so dass eine nennenswerte Grundwasserneubildung stattgefunden haben dürfte (Abbildung 3). In der zweiten Monatshälfte wurde es dann trockener und die Bodenwassergehalte gingen wieder langsam zurück. Im Höglwald, in Riedenburg und in Würzburg blieb die Wasserversorgung der Bäume aber den ganzen restlichen Monat weiter im Trockenstressbereich. Insgesamt war der Monat wie in den beiden Vorjahren deutlich zu warm, vom Sonnenschein her durchschnittlich und deutlich feuchter, was für die Auffüllung der Bodenwasserspeicher seine positive Seite hatte. Im November herrschte meist Tiefdruck. Der November war milder und sonnenscheinarm, jedoch vergleichsweise trocken. Die Bodenfeuchte veränderte sich an den Waldklimastationen kaum. An den Waldklimastationen Flossenbürg und Mitterfels hielt sie sich bei nahezu 100 % der nutzbaren Feldkapazität, während sie in Würzburg, Riedenburg und im Höglwald weiter für die Bäume problematisch niedrig blieb. Insgesamt war der Herbst in Bayern 2019 nach dem Deutschen Wetterdienst mit 9,4 °C der sechstwärmste Herbst seit 1881. Im Gegensatz zum Herbst des Vorjahres wies er mit 193,4 l/m² nur etwas weniger Niederschlag als normal auf (–5 % zu 1961–90), aber der Niederschlag kam mit Ende September für viele Bäume relativ spät. In Unter- und Mittelfranken dauert es bis zum Ende des Herbstes, bis mancherorts der Trockenstressbereich im Boden wieder verlassen wurde. Bei der Sonnenscheindauer war der Herbst mit rund 339 Stunden im Mittelfeld seit 1951.
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Abb. 6: Gewitter sorgen für eine hohe räumliche Variabilität der Niederschläge, können aber eine monatelange Trockenheit nicht beenden. (Foto: T. Knickmeier)
Im Jahr 2018 war der Zeitraum von April bis November höchst außergewöhnlich, da Spitzenreiter in allen drei Disziplinen Hitze, Trockenheit und Sonneneinstrahlung. Mit einer Temperaturabweichung von +1,9 Grad (2018: 3,2°), mit 14 % weniger Niederschlag (2018: –37 %) sowie +15 % (2018: +34 %) mehr Sonnenschein zum langjährigen Mittel 1961–90 war dieser Zeitraum im letzten Jahr aber deutlich weniger extrem als im Jahr zuvor. Hierfür waren vor allem die kühl-feuchten Monate Mai und Oktober verantwortlich. Trotzdem belegt dieser Zeitraum des Jahres 2019 mit einer Durchschnittstemperatur von 14,3 °C immer noch Platz 4 der wärmsten Perioden April-November. Dass diese Witterung den Waldbäumen dennoch zu schaffen machte, zeigt die Entwicklung der Stammdurchmesser von Fichten an den Waldklimastationen (Abbildung 4). Ab spätestens Mitte Juni blieb die Durchmesserentwicklung deutlich hinter dem mehrjährigen Mittel zurück, so dass am Ende des Jahres der Durchmesserzuwachs um rund 40 % niedriger war.
Dezember: Ende der Trockenheit
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Abb. 7: Trockenschäden in einer Buchennaturverjüngung im Sommer 2019 (Foto: S. Thierfelder)
Im Dezember dominierten Tiefdruckgebiete. Der meiste Niederschlag fiel aber im Südwesten. Es war ungewöhnlich mild, zunächst durch eine Luftströmung aus Südwesten, die dann zu Mitte des Monats auf Süden drehte, wodurch die Zufuhr noch wärmerer Luft einsetzte. Damit setzte am Nordrand der Alpen auch ein intensiver Föhn ein und die Lufttemperatur stieg wenige Tage vor Weihnachten mehrmals auf ungewöhnliche 15 °C und darüber. Kalte Luft bestimmte nur an wenigen Tagen das Wetter. Schnee blieb eine Seltenheit. Mit 2,3 °C war der Dezember 2019 der neuntwärmste Dezember seit 1881. Mit rund 60 l/m² blieb er ein Fünftel unter dem langjährigen Mittel, also trotz der vielen Tiefdruckgebiete vergleichsweise niederschlagsarm. Dafür schien die Sonne mit rund 65 Stunden fast die Hälfte mehr als normal. Ende des Jahres waren die Bodenwasserspeicher an der WKS Würzburg zu rund 60 % gefüllt, im Steigerwald, Spessart, auf der Rhön und im Frankenwald wurden an den Waldklimastationen höhere Füllstande bis hin zur nahezu vollständigen Füllung erreicht. Sehr gering sind die Wassergehalte noch an der WKS Höglwald sowie an der WKS Riedenburg im Jura (Abbildung 3).
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