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Lothar Zimmermann und Stephan Raspe
»Dürremonitoring« im Wald: Bitte immer den Beipackzettel lesen! – LWF aktuell 127

a109 Sturm und Trockenheit belasten Wald 2015

Was ist unter »extremer Dürre« und vor allem zu welcher Jahreszeit zu verstehen? Die LWF stellt klar.

Die letzten beiden Jahre mit ihrer extremen Trockenheit und Hitze haben uns sensibilisiert. Wie trocken ist es im Wald? Da hat jede/jeder seine Eindrücke – sei es beim Pilze Sammeln, beim letzten Spaziergang oder nach der letzten Holzrückung.

Doch was ist vom Regen der letzten Wochen noch da, auch wenn der Oberboden schon wieder trocken ist. Bekommen die Bäume noch ausreichend Wasser? Schon im Winter zeigten Karten mit Warnfarben in den Medien flächig Dürre in Bayern. Stimmt diese Diagnose oder haben wir sie eventuell nur falsch verstanden?

Obwohl die Witterung heuer im Juni und Juli meist wechselhaft war und ungewöhnlich lang anhaltende Hitze- und Trockenperioden in diesem Zeitraum fehlten, sind nichtsdestotrotz die Schäden im Wald aus den beiden extremen Vorjahren noch gut sichtbar. Im Gegensatz zur Landwirtschaft, wo heuer spektakuläre Bilder von verdorrten Maispflanzen oder staubig-trockenen Äckern fehlten, blieb mit den vielen weiterhin sichtbaren abgestorbenen Bäumen oder Baumkronen das Thema »Trockenheit« im öffentlichen Bewußtsein.
Im September 2019 waren auf bundesweit schätzungsweise 110.000 Hektar Waldfläche die Bäume abgestorben (BfN 2019). Auch die bundesweite Waldzustandserhebung zeigte, dass die mittlere Kronenverlichtung bei Laubbäumen seit dem Beginn der Beobachtungen 1984 deutlich zugenommen und der Kronenzustand aller Baumarten sich 2018 gegenüber dem Vorjahr verschlechtert hat (BMEL 2019). Auch die Waldzustandserhebung 2019 in Bayern zeigte im Vergleich zu den Vorjahren einen deutlichen Anstieg des Nadel-/Blattverlustes mit Schadensschwerpunkten im extrem trockenen Nordbayern (Wauer & Klemmt 2020).

Der Dürremonitor des UFZ

Bei der Frage, wie trocken es im Wald aktuell ist, findet der vom Umweltforschungszentrum Halle-Leipzig (UFZ) herausgegebene »Dürremonitor« großes öffentliches Interesse und wird oft in den Medien zitiert. Der UFZ-Dürremonitor (www.ufz.de/duerremonitor) besteht im Wesentlichen aus drei tagesaktuellen deutschlandweiten Karten, in denen der sogenannte »Dürrezustand« dargestellt wird:
  • für den Gesamtboden (bis 1,8 m Tiefe)
  • für den Oberboden (bis 25 cm Tiefe)
  • pflanzenverfügbares Wasser für den Oberboden
Ende Mai 2020 stellten Kollegen aus der Forstverwaltung eine Diskrepanz ihrer regionalen Bewertung der Trockenheit mit dem Dürremonitor fest. So wurde beispielsweise Ende Mai für Unterfranken eine relative geringe Dürre modelliert, während für das Allgäu, Schwaben und Niederbayern eine außergewöhnliche Dürre festgestellt wurde.

Ein Grund, warum es zu dieser Diskrepanz kam, ist eine Mehrdeutigkeit des Begriffs »Dürre« (Zimmermann et al. 2020). Beim UFZDürremonitor wird Dürre rein statistisch als Abweichung eines aktuellen Feuchtezustandes im Boden von einem langjährigen Mittel verstanden. Damit hat sie keinen direkten Wirkungsbezug wie durch ein Unterschreiten eines kritischen Bodenwassergehalts oder Saugspannung, ab dem Trockenstress für die Bäume besteht. Aussagen zur Wasserversorgung der Wälder sind insbesondere im Winterhalbjahr damit kaum möglich.

Was steckt genau hinter den Karten?

Forstweg im Fichtenbestand mit SonnenstrahlenZoombild vorhanden

Abb. 1: So ist eine Diskrepanz zwischen UFZ-Dürremonitor und Bodenwasserspeicher unter Wald möglich. (Foto: H.-P. Dietrich)

Als Antrieb für ein mesoskaliges Wasserhaushaltsmodell namens MHM (www. ufz.de/mhm) gehen die aktuellen Wetterdaten des Deutschen Wetterdienstes ein (Marx et al. 2016). Zur Beschreibung der Böden werden die Bodenkarte des BGR (Bundesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe) im Maßstab 1:1.000.000 mit ihren Informationen zu Bodenart, Trockenrohdichte, dem Gehalt an organischer Substanz und der Tiefe der einzelnen Bodenhorizonte sowie zusätzlich noch eine hydrogeologische Karte des BGR (1: 200.000) mit Informationen zur gesättigen hydraulischen Leitfähigkeit und zu Karstgebieten verwendet.

Für die Vegetation werden LANDSAT-Fernerkundungsdaten (Corine Cover) zur Bestimmung von drei Landnutzungsklassen (Waldbedeckung, durchlässige sowie undurchlässige Bedeckung) sowie zur Ableitung des Blattflächenindexes vom NASAMODIS- Satelliten herangezogen (Zink et al. 2017). In einer hohen räumlichen Auflösung wird dann der Wasserhaushalt berechnet und der entstehende Abfluss mit seinen unterschiedlichen Komponenten (Oberflächenabfluss, Zwischenabfluss und grundwasserbürtiger Abfluss) über das Flussnetz abgeleitet.

Zur Prüfung des Modells werden an verschiedenen Pegeln größerer Einzugsgebiete die simulierten mit den gemessenen Abflüssen verglichen. Im Modell werden zwei bis drei Bodenschichten betrachtet (bis 5 cm und/ oder bis 25 cm Tiefe sowie bis maximale Bodentiefe bzw. 1,8 m).

Dürremonitor-Karten »Gesamt- boden« und »Oberboden«

Für diese Bodenschichten wird täglich die Bodenfeuchte berechnet und über das 30-tägige gleitende Mittel geglättet. Anschließend wird diese Bodenfeuchte jeder Rasterzelle mit der dortigen Verteilung der Bodenfeuchte im Zeitraum 1951–2019 verglichen und daraus die Häufigkeit des aktuellen Wertes in der langjährigen Zeitreihe bestimmt. Dieser Häufigkeitswert bildet dann die Grundlage für den dimensionslosen Bodenfeuchte-Index SMI (engl.»Soil Moisture Index«), der von 0 bis 1 reicht. In Anlehnung an eine amerikanische Dürreklassifikation werden fünf unterschiedliche Trockenklassen gebildet (Abbildung 2):
  • 0,20–0,30 = ungewöhnl. Trockenheit
  • 0,10–0,20 = moderate Dürre
  • 0,05–0,10 = schwere Dürre
  • 0,02–0,05 = extreme Dürre
  • 0,00–0,02 = außergewöhnliche Dürre
Deutschlandkarte rot, orange und gelb eingefärbtZoombild vorhanden

Abb. 2: UFZ-Dürremonitor (Grafik: LWF)

Ein SMI von 0,3 (»ungewöhnliche Trockenheit «) bedeutet also, dass nur in 30 % aller Jahre von 1951–2019 die Bodenfeuchte zum selben Zeitpunkt niedriger oder gleich hoch war wie der aktuelle Wert. Ein SMI von 0,02 (»außergewöhnliche Dürre«) bedeutet wiederum, dass der Wert nur in 2 % der langjährigen Simulationswerte im selben Zeitraum unterschritten wurde, also bisher sehr selten eingetreten ist. Da die Bodenfeuchten im Winterhalbjahr witterungsbedingt deutlich höher als im Sommerhalbjahr sind, können im Winterhalbjahr auch relativ hohe Bodenfeuchten noch sehr selten sein und somit einem niedrigen SMI zugeordnet werden.

Eine Bodenfeuchte von 50 Vol.-% kann dann noch als außergewöhnliche Dürre bezeichnet werden, während dafür im Sommer Werte unter 10 Vol.-% nötig sind.

Karte »Pflanzenverfügbares Wasser«

Um die physiologisch wirksame Trockenheit im Boden zu beurteilen, sollte man daher nicht die statistische Verteilung der modellierten Bodenfeuchte betrachten, sondern schauen, wieviel pflanzenverfügbares Wasser noch im Boden vorhanden ist. Der Dürremonitor des UFZ bietet hier die nutzbare Feldkapazität bis 25 cm Bodentiefe als Karte an.

Auch der Deutsche Wetterdienst berechnet täglich den aktuellen Wassergehalt für landwirtschaftliche Böden zweier Bodenarten bis zu einer Tiefe von 60 cm und für unterschiedliche Kulturen mit seinem Wasserhaushaltsmodell AMBAV. Ausgegeben werden die Absolut-Werte des verfügbaren Wassergehalts im Boden in Millimeter und als Prozent der nutzbaren Feldkapazität für seine Klimastationen (www. dwd.de/DE/leistungen/bodenfeuchte/bodenfeuchte.html?nn=16102).

Hier sind neben der stationsweisen Beschreibung auch Karten für zwei Standardböden, einem leichten Boden (lehmiger Sand) sowie einem schwereren Boden (sandiger Lehm), deutschlandweit verfügbar. Die Ergebnisse sind nicht direkt auf Waldstandorte übertragbar, da bei Wald neben der unterschiedlichen phänologischen Entwicklung und Bestandeseigenschaften meist von einer größeren Durchwurzelungstiefe auszugehen ist.

Für Waldstandorte in Bayern stehen die regelmäßig aktualisierten Grafiken der Bodenfeuchtemessungen und -modellierungen an den Waldklimastationen aus dem speziell für Waldstandorte angepassten Wasserhaushaltsmodell LWF-Brook90 im Internet zur Verfügung. Hier gehen vor Ort gemessene Vegetationsparameter sowie Bodenprofildaten ein.

WKS-Modellierungen im Vergleich zu Dürremonitor und DWD-Bodenwasserhaushalt

Karte von Bayern mit farbigen Punkten daraufZoombild vorhanden

Abb. 3: Bodenfeuchte in % nutzbarer Feldkapazität am 25.5.2020 (Grafik: LWF)

Der Füllgrad der nutzbaren Feldkapazität an den Waldstationen deckt sich zum hier gewählten Stichtag 25. Mai 2020 (Abbildung 3) weitgehend mit den nFK-Klassen, die der Deutsche Wetterdienst (DWD) angibt. Nur an einigen Waldklimastationen (WKS) wie beispielsweise bei der WKS Altdorf kommt es bei den DWD-Ergebnissen zu einer Überschätzung.

An der WKS Altdorf ist ein Sandboden vorhanden, der sich aufgrund seiner geringen Speicherkapazität schnell entleert, aber auch sehr schnell wieder befüllt. Durch die Annahme beim DWD-Modell eines Standardbodens mit sandigem Lehm kommt es daher zu einer Überschätzung. Nach dem Dürremonitor befand sich am 25. Mai 2020 die große Mehrheit der Waldklimastationen im Bereich der Klassen »schwere Dürre« über »extreme Dürre« bis hin zur »außergewöhnlichen Dürre« (Abbildung 2).

Nur maximal drei Waldklimastationen (Rothenbuch im Spessart, Ebrach im Steigerwald sowie Kreuth in den Voralpen beim Tegernsee) kommen in den Bereich der »moderaten Dürre«. Bei den 18 Waldklimastationen erreichten laut LWF am 25. Mai 2020 nur zwei Stationen den Trockenstressbereich (< 40% nFK) (Abbildung 3): Die WKS Altdorf im Nürnberger Reichswald mit nur 6 % nFK sowie Dinkelsbühl in Mittelfranken mit 33 % nFK. Alle anderen Waldklimastationen weisen Werte ≥ 60 % nFK auf, mithin ein Bereich von guter bis sehr guter Wasserversorgung der Bäume.

Fazit

Bodenwassermessstation mit Rohren im Boden im WaldZoombild vorhanden

Abb. 4: Waldklimastation mit Informationssystem über die Bodenfeuchte. (Foto: V. Schäuble)

Karten mit Warnstufen zur Dürre sind nur dann sinnvoll, wenn sie auch einen Wirkungsbezug haben. Im Falle der Forstwirtschaft sollte die Wasserversorgung der Bäume dabei höchste Priorität haben. Dabei wird man um eine deterministische Modellierung, die auch die Interzeption, Transpiration und Wurzelaufnahme der Baumarten mit einbezieht, nicht herumkommen. Das verwendete Modell sollte durch Messungen einzelner Wasserhaushaltsgrößen im Wald wie Bestandesniederschlag sowie direkten Messungen der Bodenfeuchte validiert sein.

Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) unternimmt daher seit Jahren kontinuierlich Schritte in diese Richtung und plant in den kommenden Jahren ein eigenes, flächendeckendes, tagesaktuelles Informationssystem auf dieser Basis.

Zusammenfassung

Das Umweltforschungszentrum Halle-Leipzig (UFZ) beschreibt in seinem »Dürremonitor« tagesaktuell in drei Karten den Dürrezustand des Bodens (Gesamtboden, Oberboden und pflanzenverfügbares Wasser im Oberboden). Der Dürremonitor erweckt in der Öffentlichkeit vor allem wegen der zunehmenden Klimaerwärmung großes öffentliches und mediales Interesse.
Allerdings zeigt der UFZ-Dürremonitor die Dürre nur als reine statistische Größe als Abweichung eines aktuellen Feuchtezustandes im Boden von einem langjährigen Mittel und hat damit keinen direkten Wirkungsbezug zum Trockenstress für die Bäume. Aussagen zur Wasserversorgung der Wälder sind insbesondere im Winterhalbjahr damit kaum möglich. Dieser Wirkungsbezug wird jedoch mit den Bodenfeuchtemessungen und -modellierungen an einer Auswahl von Waldklimastationen beschrieben.

WKS Witterungs- und Bodenfeuchtereport der LWF

Literatur

  • BfN – Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.) (2019): Wälder im Klimawandel: Steigerung von Anpassungsfähigkeit und Resilienz durch mehr Vielfalt und Heterogenität. Ein Positionspapier des Bundesamtes für Naturschutz. www.bfn.de/fileadmin/BfN/landwirtschaft/Dokumente/BfN-Positionspapier_ Waelder_im_Klimawandel_bf.pdf. Stand: 31.10.2019
  • BMEL – Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Hrsg.) (2019): Ergebnisse der Waldzustandserhebung 2018. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). www.bmel.de/ SharedDocs/Downloads/Broschueren/ErgebnisseWaldzustandserhebung2018.html;nn=310868. Stand: 18.06.2019
  • Marx, A.; Samaniego, L.; Kumar, R.; Thober, S.; Mai, J.; Zink, M. (2016): Der Dürremonitor – Aktuelle Information zur Bodenfeuchte in Deutschland. Forum für Hydrologie und Wasserbewirtschaftung Heft 37.16, S. 131–142, Hrsg: Wernecke, Ebner von Eschenbach, A.; Strunck, Y.; Kirschbauer, L.; Müller A.
  • Wauer, A.; Klemmt, H.-J. (2020): Klimawandel aus Nord(west)en! Ergebnisse der WZE 2019 in Bayern zeigen Nord-Südgefälle der Schäden. LWF aktuell 2, S. 26–29
  • Zimmermann, L.; Raspe, S.; Dietrich, H.-P.; Wauer, A. (2020): Dürreperioden und ihre Wirkung auf Wälder. LWF aktuell 127, S. 18–23
  • Zink, M.; Kumar, R.; Cuntz, M.; Samaniego, L. (2017): A high-resolution dataset of water fluxes and states for Germany accounting for parametric uncertainty. Hydrol. Earth Syst. Sci., 21, S. 1769–1790

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