Die Winterlinde und ihre Sorten als Stadtbaum - LWF-Wissen 78

Die Winterlinde ist ein sehr vielseitig einsetzbarer Baum in der Stadt. Ungefähr 30 % aller Straßenbäume sind Linden. Dabei handelt es sich aus Gründen der Verkehrssicherheit um Sorten mit geschlossener Kronenform. Darüber hinaus ist sie ein bewährter Baum für Gärten und Parks. Die hohe Schnittverträglichkeit ermöglicht die Erziehung von Hecken, Spalieren, Bögen, Kastenformen, Kopflinden bis hin zu den bekannten Tanzlinden und bietet damit vielseitige Verwendungsmöglichkeiten.

Linden in der Stadt

Uralte mehrstämmige Linde am Weg an einem Weinberg.Zoombild vorhanden

Abbildung 1: Die Gerichtslinde von Castell (Foto: S. Böll)

Linden sind nicht nur wichtige Waldbäume, sondern werden auch seit Jahrhunderten in Städten und Dörfern als Park-, Allee- und Straßenbäume gepflanzt. Oft stehen sie im Zentrum der Siedlung oder am Dorfbrunnen. So ist es nicht verwunderlich, dass unendlich viele Flurbezeichnungen, Orts- und Straßennamen den Begriff »Linde« enthalten und zeigen, wie stark die Linden mit den Städten, Dörfern und Siedlungen verbunden waren und sind. Sogar eine Fernsehserie ist nach ihnen benannt …

In unseren Städten sind Linden mit einem Anteil von ca. 30 %, ähnlich wie Ahornarten, die am häufigsten gepflanzten Straßenbaumarten. In der Regel handelt es sich dabei um Tilia cordata mit ihren zahlreichen Sorten, T. x euchlora und T. x vulgaris (= T. europaea). Seltener sind T. americana und T. platyhyllos vertreten, die höhere Ansprüche an die Bodenfeuchtigkeit stellen. Noch seltener sieht man T. mongolica mit ihren ganz ungewöhnlich geformten Blättern oder die spät blühende T. henryana.

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Linden in der Stadt

Gepflanzte junge Linden auf einem Campus.

Abbildung 2: Sorte »Rancho« (Foto: P. Schönfeld)

Am passenden Standort werden Linden viele hundert Jahre alt und entwickeln sich zu sehr eindrucksvollen und gestalterisch prägenden Bäumen. Das macht ihren besonderen Reiz als Stadtbaum aus.

Die zunehmend höheren Lufttemperaturen sowie länger andauernden Trockenperioden setzen auch den Linden zu. Sie verlieren vorzeitig einen Teil ihres Abbildung 1: Die Gerichtslinde von Castell Foto: S. Böll Laubes und werden anfälliger für Krankheiten und Schädlinge.

Fast schon sprichwörtlich ist der Befall der Linden mit Blattläusen, der in der Folge zu den oft als lästig empfundenen Honigtauabsonderungen führt.

Allerdings gibt es einige Sorten der Winterlinde, die kaum oder gar nicht von Läusen befallen werden (siehe Tabelle 1).

Die Winterlinde ist eine anpassungsfähige Baumart, die vielseitig einsetzbar ist. Das spiegelt sich in den »Lebensbereichen der Gehölze« von Kiermeier (Kiermeier 1995) in der Kennziffer 3.1.3.1. wieder:

Grafik mit den vier Zahlen 3, 1, 3 und 1 in weißen Kästen und den mit blauen Pfeilen verbundenen Bedeutungen: Wuchsgruppe, Klimafaktoren, Bodenfaktoren und Lebensbereich.

• Ziffer Lebensbereich: 3 - Artenreiche Wälder und Gehölzgruppen
• Ziffer Bodenfaktoren: 1 - Gehölzgruppen mit robusten, stadtklimaverträglichen Arten mit weiter Standortamplitude, auch für schwierigere Situationen geeignet, auf allen mäßig trockenen bis frischen Böden, schwach sauer bis alkalisch; alle ± nährstoffreichen Böden, außer leichten Sand-
oder schweren Tonböden
• Ziffer Klimafaktoren: 3 - sonnig bis lichtschattig, kühl ausgeglichen, zum Teil wärmeverträglich; frosthart
• Ziffer Wuchsgruppe: 1 - Großbaum > 20 m

Die Winterlinde wächst auf schwach sauren und auf kalkhaltigen Böden gleichermaßen gut. Deshalb kommt sie mit den meist alkalischen Baumsubstraten nach den »Empfehlungen für Baumpflanzungen, Teil 2: Standortvorbereitungen für Neupflanzungen; Pflanzgruben und Wurzelraumerweiterung, Bauweisen und Substrate« herausgegeben von der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung und Landschaftsbau e.V. (FLL) gut zurecht. Die Substrate, hergestellt nach: »Zusätzliche Technische Vorschriften für die Herstellung und Anwendung Verbesserter Vegetationstragschichten « (ZTV-Vegtra-Mü, 2008, herausgegeben von der Stadt München, Baureferat, Gartenbau) sind ähnlich aufgebaut wie die Substrate der FLL und bewähren sich in gleicher Weise.

Auch wenn die Winterlinde eine robuste Baumart ist, so reagiert sie doch empfindlich auf Streusalz. Die Schädigung zeigt sich im Sommer in Form von Blattrandnekrosen. Für entsprechend belastete Standorte ist sie nur eingeschränkt zu empfehlen. In Bezug auf die Lichtansprüche ist die Winterlinde ebenfalls anpassungsfähig. Zwar bevorzugt sie sonnige Standorte, entwickelt sich aber – zumindest in der Jugend – auch in halbschattigen und sogar schattigen Lagen noch zufriedenstellend.

Linden bilden bei ordnungsgemäßer Kultur in der Baumschule ein dichtes Faserwurzelwerk aus. Anders als die derzeit übliche Pflanzung mit Ballen, lassen sie sich deshalb bis zu einem Stammumfang von 20 – 25 cm auch problemlos ohne Ballen pflanzen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Wurzeln von der Rodung in der Baumschule über den Transport bis hin zur Pflanzung sorgfältig vor Austrocknung geschützt werden. Das erfordert ein Umdenken bei den ausführenden Betrieben. Es muss eine Abkehr von dem oft nachlässigen Umgang nicht nur mit Linden sondern mit Pflanzen generell auf der Baustelle erfolgen.

Linden-, genauso wie Ahorn- und Kastanienarten, sind in den ersten zehn Jahren nach der Pflanzung durch die Entstehung von Stammrissen gefährdet. Der wesentliche Grund dafür sind die zum Teil hohen Temperaturunterschiede zwischen der Sonnen- und Schattenseite des Stammes, insbesondere im Winter. Stammschutzmatten aus Schilfrohr oder Tonkingstäben oder weiße Anstriche mit Stammschutzfarbe haben sich als wirksame Schutzmaßnahmen erwiesen. Die Matten sollten vom Stammfuss bis zum Kronenansatz reichen. Schutzanstriche sind über den Stamm hinaus bis in den Bereich der unteren Kronenäste am wirkungsvollsten.

Wichtige Sorten

w78-linde-stadtbaum-tabelleZoombild vorhanden

Tabelle 1: Sorten der Winterlinde

Die von Hause aus individuelle und nur schwer vorhersehbare Kronenform bei Tilia cordata stört bei der Verwendung in großen Gärten und Parks in der Regel wenig. Anders verhält es sich dagegen bei der Verwendung an Straßen, auf Plätzen und in Verbindung mit Gebäuden.

Im Hinblick auf die Verkehrssicherheit, den Abständen zu Gebäuden sowie die Gestaltungsidee ist es hierbei wichtig zu wissen, welche Breite, Höhe und Kronenform der Baum nicht nur in der Jugend, sondern auch im Alter besitzen wird. So ist es nicht verwunderlich, dass im Siedlungsbereich fast ausschließlich Sorten mit besonderen Wuchseigenschaften verwendet werden.

Die Zahl der Winterlinden-Sorten ist sehr hoch. Jablonski und Plietzsch (2013) führen in ihrer Veröffentlichung 80 gültige Sortennamen und 26 Synonyme, ungültige Namen bzw. Handelsmarken für T. cordata auf. Der größte Teil dieser Sorten ist nur Spezialisten bekannt und spielt im Sortiment der Baumschulen kaum eine Rolle.

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Die in Tabelle 1 aufgeführten Sorten der Winterlinde sind eine (subjektive) Auswahl der wichtigsten. Sie zeichnen sich in der Regel durch eine geschlossene aufrechte Kronenform sowie einen durchgehenden Leittrieb aus. »Greenspire « hat sich seit ihrer Einführung als DIE Stadtlinde etabliert und ist derzeit sicher die bekannteste und am häufigsten verwendete Sorte. Sie wächst schnell und ist hitze- und trockenheitstoleranter als die Art.

Es zeigt sich allerdings, dass die Silberlinde (Tilia tomentosa) und ihre Sorten an sehr trockenen und heißen Standorten der Winterlinde überlegen ist. »Rancho«, ebenfalls seit 1961 im Sortiment, ist eine eher kleine Sorte, die sich nicht nur als Straßenbaum sondern auch als Hausbaum gut einsetzen lässt. Die Sorten »Lico« und »Monto« stellen mit ihrer kugeligen Kronenform eine Besonderheit dar. Im Vergleich mit den kugelig wachsenden Sorten von z. B. Spitzahorn (Acer platanoides »Globosum«), Feldahorn (Acer campestre »Nanum«), Robinie (Robinia pseudoacacia »Umbraculifera«) oder Steppenkirsche (Prununs x eminens »Umbraculifera«) haben sie sich allerdings bisher nicht wirklich durchsetzen können.

Vermehrung von Lindensorten

MeZoombild vorhanden

Abbildung 3: Winterbild der Sorte »Greenspire« (Foto: Baumschule Lorberg)

Die Vermehrung der reinen Art in den Baumschulen erfolgt über Samen. Die Aussaat ist preiswert und bietet die Möglichkeit zur Erhaltung der genetischen Vielfalt innerhalb der Art. Um die bestimmten Eigenschaften der ausgelesenen Sorten zu erhalten, müssen sie vegetativ vermehrt werden. Das geschieht in den Baumschulen normalerweise durch Veredlung und Absenker.

Als übliche Veredlungsmethode gilt für Linden die Okulation im Juli bis August. Für Tilia cordata- Sorten eignen sich als Unterlage am besten Sämlinge der reinen Art. Nachteilig ist bei der Veredlung die Wildtriebbildung, die man immer wieder beobachten kann und deren Entfernung arbeitsaufwendig ist. Es sind deshalb auch erfolgreich Versuche unternommen worden, Sorten der Winterlinde über Stecklinge, Steckhölzer und in vitro (»im Glas«, Kultivierung im Reagenzglas; Anmerkung der Redaktion) zu vermehren.

Als besonders schwierig in der Anzucht gelten generativ vermehrte Winterlinden. Die Weiterkultur der Linden in der Baumschule ist im Vergleich zu anderen Baumarten oft problematisch. Aufgrund ihres sympo dialen Wachstums (terminale Knospen sterben ab), wachsen vor allem generativ vermehrte Linden sehr unregelmäßig in die Höhe. Unabhängig von der Vermehrungsmethode müssen während der Anzucht alle »gestäbt« und gebunden werden, um einen geraden Stamm und Stammverlängerung mit dem gewünschten und geforderten durchgehenden Leittrieb zu erzielen.

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Von den Baumschulen werden deshalb gelegentlich veredelte Sorten wie T. cordata »Greenspire« angeboten, wenn die reine Art der Winterlinde angefragt war. Wie zahlreiche weitere Winterlinden-Sorten bildet diese leichter einen geraden Stamm mit einem aufrecht wachsenden Leittrieb aus. Solche ungenehmigten Ersatzlieferungen führen häufig zu Ärger und Konflikten.

Ein aktuelles Beispiel dafür liefern die Pflanzungen am Neubau des Berliner Flughafens, wo 2010 statt der ausgeschriebenen 1000 Stück T. cordata als reine Art, die Sorte »Greenspire« geliefert und gepflanzt wurde. Nach der Entdeckung der Falschlieferung mussten schlussendlich im Januar 2013 von diesen 1000 Linden 460 gegen die seinerzeit ausgeschriebenen gebietsheimischen Tilia cordata ausgetauscht werden (Bischoff, 2013). Der Landschaftsbaufirma entstand dadurch ein Schaden von circa 250.000 Euro.

Winterlinden in der Garten- und Landschaftsgestaltung

Seit Jahrhunderten sind Winterlinden wichtige Parkund Gartenbäume. Die Gründe dafür sind nicht nur ihre (relative) Anspruchslosigkeit in Bezug auf den Standort, sondern auch ihre gute Schnittverträglichkeit. Obwohl sie weiches Holz besitzen, schotten sie Wunden von Astbrüchen oder Schnittmaßnahmen erstaunlich gut gegen eindringende Pilzsporen ab.

Winterlinden sind deshalb in der Garten- und Landschaftsgestaltung ähnlich vielseitig einsetzbar wie Feldahorn (Acer campestre) und Hainbuche (Carpinus betulus). Alle diese »Kunstformen« verlangen natürlich ständige Pflege, insbesondere müssen sie regelmäßig geschnitten, gegebenenfalls auch gebunden und formiert werden.

Hecken

Baumhecken in einem Schlosspark.Zoombild vorhanden

Abbildung 4: Wegbegleitend gepflanzte Lindenspaliere (Foto: B. Goss)

Im Zeitalter des Barocks nutzten die Gartenkünstler diese Eigenschaft, um aus Winterlinden vor allem Hecken, Baumwände oder auch Kastenlinden zu formen. In den historischen Parks von z. B. Hannover-Herrenhausen oder Wien-Schönbrunn lässt sich das noch heute eindrucksvoll erleben. In der modernen Gartengestaltung wird die Winterlinde in dieser Form nur wenig verwendet.

Bei den Sichtschutzhecken dominiert die Hainbuche. Der verstärkte Einsatz der Winterlinde würde hier jedoch für mehr Abwechslung sorgen. An den Baumschulen liegt es nicht. Sie halten sowohl normale, bereits während der Anzucht wiederholt geschnittene Heckenpflanzen, als auch sogenannte Heckenelemente vor. Mit den bereits fertig vorgeformten Heckenelementen lassen sich, wie mit einem Baukastensystem, sofort fertige Hecken anlegen. Sie bieten, allerdings zu einem deutlich höheren Preis als klassische Heckenpflanzen, schon unmittelbar nach der Pflanzung einen perfekten Sichtschutz.

Die in den letzten Jahren größte Pflanzmaßnahme mit Lindenhecken erfolgte wahrscheinlich im Zuge der im Mai 2012 abgeschlossenen Restaurierung des Sommergartens in Sankt Petersburg, dessen Bau 1704 auf Anordnung von Zar Peter dem Großen begann. 13.000 Heckenelemente wurden dort gepflanzt.

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Mit der Winterlinde als Baum lassen sich nicht nur Sichtschutzhecken sondern auch Baumwände erziehen. Solche Baumwände waren in Barockgärten ein beliebtes Gestaltungselement. Im Park von Hannover- Herrenhausen oder Wien-Schönbrunn z. B. sind solche Baumwände noch erhalten und in ihrer räumlich- gestalterischen Wirkung zu erleben. Sie werden dort nach wie vor im ursprünglichen Sinne gepflegt und erhalten.

Auch heute noch wären sie als Gestaltungsmittel durchaus einsetzbar, um Plätze zu rahmen und unschöne Aussichten zu verdecken. Die Pflege ist mit den modernen Hilfsmitteln, Hubsteiger und elektrische Heckenscheren, deutlich einfacher als zu Zeiten des Barock. Damals erfolgte der Schnitt mit fahrbaren Gerüsten und Handscheren.

Spaliere oder Hochhecken

In den Gärten der Niederlande und Belgien sieht man diese Gestaltungselemente recht häufig, in Deutschland hingegen eher selten. Neben der Winterlinde werden auch andere Baumarten in der Baumschule mit Hilfe eines Spaliers aus Latten oder Stangen zu einer quasi schmalen Hecke über einem zwei Meter hohen Stamm geformt. Gestalterisch lassen sich damit sehr gut Räume bilden oder abgrenzen oder unerwünschte Aussichten oder Einblicke verdecken.

Anders als bei einer klassischen Hecke kann man darunter hindurchgehen. Gerade in historischen Gärten werden solche Spaliere oft mit »normalen« Hecken kombiniert. Das erlaubt weitere reizvolle Gestaltungsvarianten. Diese Hecken können die Stämme einschließen, oder vor bzw. hinter ihnen verlaufen, so dass die Stämme noch sichtbar sind.

Kastenlinden

Kastenlinden in einem Schglosspark.Zoombild vorhanden

Abbildung 5: Kastenlinden im Park Hannover-Herrenhausen.
(Datenquelle: DIA)

Noch wuchtiger als Hochhecken wirken die Kastenlinden. Hier wird die Krone über einem circa 2 m hohen Stamm zu einem aufrecht stehenden rechteckigen Kasten geschnitten. Auch diese Form wird gern zur Abgrenzung oder Bildung von Räumen oder für Alleen eingesetzt.

In weitem Abstand gepflanzt bleiben die Einzelbäume mit der geschnittenen Krone noch sichtbar. Bei einem engen Pflanzabstand wachsen die Kronen hingegen zu einem einzigen »Kasten« zusammen. Welche der beiden Möglichkeiten zum Einsatz kommt hängt wiederum von der gestalterischen Idee und – bei historischen Gärten – dem Befund bzw. Ursprungszustand ab.

Dachformen

Linden in einer Baumschule im Winter mit kreuzförmiger Krone als Dachform.Zoombild vorhanden

Abbildung 6: Dach-Linden im Winter (Foto: Baumschule Lorberg)

Bäume, deren Kronen zu horizontalen Dächern geformt wurden sieht man seit einiger Zeit wieder häufiger. Die klassische Baumart dafür ist die Platane. Es eignen sich allerdings alle schnittverträglichen Baumarten für diese Erziehungsform, also z. B. auch Hainbuche, Crataegus-Arten oder eben die Winterlinde.

Mit Hilfe eines horizontalen Gerüsts aus Stangen oder Latten werden die Äste in der Baumschule zu einem quadratischen Dach geformt. Der Leittrieb wird entfernt. Auf diese Art entsteht quasi ein natürlicher Sonnenschirm. Da der Baum beim Wachstum mit seinen Ästen immer wieder nach oben strebt müssen die Äste regelmäßig gebunden und geschnitten werden, damit die Dachform erhalten bleibt. Andernfalls geht der Baum nach oben »durch«.

Trotz der notwendigen Pflegearbeiten sind solche grünen Sonnendächer eine reizvolle und natürliche Alternative zu Markisen und Sonnenschirmen. Baulich sind sie weniger aufwendig als eine bewachsene Pergolakonstruktion. Bei der Planung und Ausführung ist auf der Terrasse oder dem Platz eine ausreichend große (überbaubare) Baumgrube vorzusehen. Nur wenn der Baum ausreichend Platz für seine Wurzeln hat kann er seine Funktion erfüllen. Mit verdichtbaren Baumsubstraten und/oder freitragend überbauten Baumscheiben lässt sich diese Forderung leicht erfüllen.

Bögen

Zwei Baumreihen in einer Baumschule, welche jeweils mit Bögen in den Kronen verbunden wurden.Zoombild vorhanden

Abbildung 7: Lindenbögen (Foto: Baumschule Lorberg)

Mit Hilfe einer Stützkonstruktion lassen sich Linden zu Bögen erziehen. Solche Bögen bestehen aus zwei Linden, die nach dem Roden bzw. Ballieren in der Baumschule auf der Baustelle wieder zu einem vollständigen Bogen zusammengesetzt werden. Die Höhe und Breite der Bögen richtet sich nach dem Alter der Gehölze und der Häufigkeit des Verpflanzens.

Bei individuellen Wünschen muss man der Baumschule entsprechend Zeit geben für die Anzucht und (einige Jahre) vorausschauend bestellen. Mit einzelnen Bögen lassen sich Ein- und Durchgänge rahmen und betonen. Sie stellen eine lebende grüne Alternative zu Torbögen aus Holz, Mauerwerk oder Naturstein dar. Zum Erhalt der Form müssen sie ein- bis zweimal jährlich geschnitten werden.

Lange Wege in großen Gärten und Parkanlagen lassen sich mit einer Folge von Lindenbögen optisch verkürzen und gliedern. Sie erzeugen einen Raumeindruck der eher mit dem einer Pergola vergleichbar ist als einer wegbegleitenden Allee. Bei der Restaurierung der Gartenanlagen im Sommerpalast in Sankt Petersburg wurden neben den bereits erwähnten Heckenelementen auch 178 Lindenbögen gepflanzt.

Tanzlinden

Alte Linde mit Steintreppe und Holzkonstruktion im Baum.Zoombild vorhanden

Abbildung 8: Die Tanzlinde in Peesten. (Foto: S. Böll)

Eine besondere Form der Erziehung und Nutzung von Linden stellen die »Tanzlinden« dar. In den meisten Fällen handelt es sich zwar nicht um Winter-, sondern um Sommer-Linden, aber beide Arten sind grundsätzlich für diese Nutzung geeignet. Man findet sie vor allem in Oberfranken, Südthüringen, Osthessen sowie Hohenlohe. Sie stehen zentral in kleineren Orten und sind auf Grund ihrer Form ortsbildprägend.

Die bekannteste Tanzlinde, eine Sommerlinde, steht in Limmersdorf (Landkreis Kulmbach). Die Pflanzung erfolgte wahrscheinlich 1686. Inzwischen ist sie 18 m hoch, der Kronendurchmesser beträgt 13 m. Die Tanzfläche in drei Meter Höhe ruht auf acht Sandsteinsäulen. Zur Kirchweih wird sie als einzige Tanzlinde seit 1729 ununterbrochen betanzt.

Bei Tanzlinden im engeren Sinne liegen die Äste des unteren Astkranzes in einer Höhe zwischen zwei und drei Metern auf einem ringförmigen Gerüst aus Holz oder einer Kombination aus Natursteinsäulen und Holz auf. Der Durchmesser dieser Gerüste beträgt meist sechs bis zehn Meter. Die horizontale Balkenlage ist entweder dauerhaft oder temporär (zu den Festen) mit Brettern belegt. Eine Treppe führt nach oben.

Im Zusammenspiel mit den darüber liegenden Ästen, die man oft frei wachsen lässt, entsteht ein luftiger grüner Pavillon. In einfacheren Fällen handelt es sich bei Tanzlinden um Bäume ohne die Stützkonstruktion. Dort dient die Fläche unter dem Baum als Tanzplatz.

Stufenlinden mit bis zu zehn Astkränzen sind eine gestalterische Spielart der Tanzlinden. Im Gegensatz zu den klassischen Tanzlinden, die vor Ort geformt werden müssen, sind Stufenlinden vorkultiviert in Baumschulen erhältlich.

Kopflinden

Mehrere reihen junger Bäume in einer Baumschule im Herbst mit Kronenform von Köpfen.Zoombild vorhanden

Abbildung 9: Charakteristische Kronenform der Kopflinden (Foto: Baumschule Lorberg)

Kopfbäume sind eine besondere Nutzungsform. Die Äste und Zweige der Bäume werden regelmäßig zurückgeschnitten, was ihnen mit den Jahren die charakteristische Kopfform verleiht. Am häufigsten werden dafür Weiden verwendet, da sie aufgrund ihrer ungeheuren Wuchskraft das Schneiden am besten vertragen. Auch Pappeln, Hainbuchen, Eschen und eben Linden werden gelegentlich als Kopfbäume erzogen.

Vor allem ältere Exemplare sind nicht nur prägende Elemente in der Landschaft, sondern auch Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen. Ihnen kommt damit eine hohe ökologische Bedeutung zu. Kopfbäume wurden in früheren Jahrhunderten für den Bedarf des bäuerlichen Hofes und des täglichen Lebens genutzt. Aus den dünnen biegsamen Ruten wurden im Winter Körbe und andere Gebrauchsgegenstände hergestellt. Die stärkeren Äste dienten als Brennholz oder zur Herstellung von Werkzeugteilen oder Zäunen.

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Das getrocknete Laub nutze man als Viehfutter. In der heutigen Zeit haben Kopfbäume kaum noch wirtschaftliche Bedeutung. Dennoch sollte die Jahrhunderte alte Tradition nicht aufgegeben werden.

Nicht nur in der Kulturlandschaft sondern auch am Stadtrand oder in größeren Parks lassen sich Kopfbäume – und damit auch Kopflinden – noch heute sinnvoll verwenden. Gründe dafür gibt es genug: Der hohe ökologische Nutzen (der v. a. im Alter eintritt, wenn sich Höhlungen und morsches Holz gebildet haben), die besondere Gestaltungsform, als Anschauungsobjekt für Schüler und Studenten etc. Kopflinden werden bereits als vorkultivierte und geformte Pflanzen von den Baumschulen in verschiedenen Größen angeboten.

Wer sie selbst heranziehen will benötigt eine Linde von ca. 3 m Höhe mit einem durchgehenden Leittrieb. Dieser kann dann auf die gewünschte Höhe (z. B. 2,5 m), an der sich später der charakteristische »Kopf« entwickeln soll, angeschnitten werden. Unterhalb dieser Schnittstelle werden die Augen austreiben und später einen »Kopf« bilden. Zu niedrig stehende Triebe sind zu entfernen. Kopfbäume müssen regelmäßig gepflegt werden.

Alle fünf bis sieben Jahre muss das sogenannte »Schneiteln« erfolgen, wobei die Äste nahe am Kopf abgeschnitten werden und dadurch die charakteristische Kopfform entsteht. Wird ein Kopfbaum zu lange nicht geschneitelt, werden seine Äste zu schwer und es besteht die Gefahr, dass die Krone auseinanderbricht.

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Weiterführende Informationen

Autor

  • Philipp Schönfeld