Olaf Schmidt
Neue Wanzenart entdeckt Deutschland – LWF aktuell 122
Marmorierte Baumwanze erobert Mitteleuropa, Deutschland und Bayern
Die Marmorierte Baumwanze stammt aus Ostasien und breitet sich seit dem Jahr 2007 in Mitteleuropa aus. Aufgrund ihres extrem breiten Wirtspflanzenspektrums von weltweit über 200 Arten ist sie ein ernstzunehmender Schädling für die Landwirtschaft, insbesondere für den Obst- und Gemüsebau.
Derzeitige Verbreitung
Zoombild vorhanden
Abb. 1: Marmorierte Baumwanze, adultes Exemplar. (Foto: B. Wermelinger)
Die Marmorierte Baumwanze (Halyomorpha halys) stammt aus Ostasien und wurde Ende des 20. Jahrhunderts nach Nordamerika verschleppt. 2004 wurde diese Wanzenart erstmals in Europa beobachtet und trat 2007 in Zürich auf (Wermelinger et al. 2008). 2011 erfolgte der erste deutsche Nachweis in Konstanz am Bodensee (Heckmann 2012).
Unterdessen liegen Funde in Deutschland aus Weil am Rhein (Landkreis Lörrach), Freiburg, Stuttgart und Berlin vor (Haye & Zimmermann 2017). Zwischenzeitlich konnte die neue Wanzenart auch in Frankfurt am Main (Morkel & Dorow 2017), Würzburg (2018) und München (2019) nachgewiesen werden. Mittlerweile liegen Nachweise aus Österreich, Frankreich, Italien, Griechenland, Ungarn, Slowenien, Bulgarien, Spanien und Georgien vor.
Auffällig ist, dass die exotischen Wanzen vor allem in Großstädten beobachtet werden konnten, während sie in ländlichen Gegenden nur vereinzelt gefunden werden. Vermutlich ist das auf den sogenannten städtischen »Wärmeinseleffekt« zurückzuführen (Haye & Zimmermann 2017).
Nahrungsspektrum und Schäden
Trotz der großen Liste potenzieller Wirtspflanzen bevorzugt die Marmorierte Baumwanze vor allem Rosengewächse, insbesondere Obstbäume wie Kirsche, Apfel, Pfirsich und Vogelbeere. Außerdem befällt sie Weinrebe, Flieder, Hasel, Esche und andere Waldbäume. Schädlich wird sie auch durch Anstechen von Gemüsearten wie Blumenkohl, Brokkoli und Tomate. Die bevorzugten Wirtspflanzenstadien sind Blüten und heranreifende Früchte, die durch Enzyme im Speichel der Wanze beim Saugen deformiert und stark beschädigt werden (Sostizzo et al. 2018).
Die Wanze überwintert als erwachsenes Insekt und wird aktiv, wenn die Temperatur circa 10 °C überschreitet. Nach dem Reifungsfraß im Frühjahr beginnen die Weibchen Anfang Juni ihre bis 450 Eier an der Blattunterseite der Wirtspflanzen abzulegen, meist in Paketen zu 28–30. Die Nymphen, die aus den Eiern schlüpfen, durchlaufen fünf Entwicklungsstadien, ehe sie sich ab Anfang August zu ausgewachsenen Wanzen der neuen Generation häuten. Ab Ende August bis Mitte September verlassen die Wanzen oft massenhaft ihre Futterpflanzen, um einen geeigneten Ort zum Überwintern zu suchen. Dabei fliegen sie auch häufig in Wohnungen ein, wo sie bei entsprechender Anzahl lästig werden können.
Verwechslungsmöglichkeit
Die erwachsene Marmorierte Baumwanze ist 12 bis 17 mm lang und braun bis grau meliert. Auf der Bauchseite ist sie weiß, nicht gepunktet und besitzt dort keinen Dorn zwischen den Vorderbeinen, was sie eindeutig von der heimischen, ähnlichen Grauen Feldwanze (Rhaphigaster nebulosa) unterscheidet. Als weiteres Unterscheidungsmerkmal hat Halyomorpha halys an der Basis des Schildchens 3-5 auffällig helle Schwielen. Außerdem sind bei H. halys die Flügeldeckel gestreift.
Ausblick
Es ist zu erwarten, dass sich diese Wanzenart auch weiterhin in Deutschland und damit auch in Bayern ausbreiten wird. In Nordamerika gilt sie heute als eine der Top-Schädlinge im Obstanbau. Die weitere Ausbreitung sollte beobachtet werden. Mitte März 2018 wurde ein Exemplar in Lindau, im November 2018 ein Exemplar in Würzburg und im Januar 2019 ein Fund in München bestätigt. Letzterer Fund war innerhalb eines Gebäudes.
Dank
Den Kollegen Dr. Bender und Dr. Haag (LfL) und Angermüller und Kreß (LWG) danke für wertvolle Hinweise.
Literatur
- Haye, T.; Zimmermann, O. (2017): Etablierung der Marmorierten Baumwanze, Halyomorpha halys (STÅL, 1855), in Deutschland, HETEROPTERON 48, S. 34–37
- Heckmann, R. (2012): Erster Nachweis von Halyomorpha halys (STÅL, 1855) (Heteroptera: Pentatomidae) für Deutschland, HETEROPTERON 36, S. 17–18
- Morkel, C.; Dorow, W.H.O. (2017): Die Marmorierte Baumwanze Halyomorpha halys (STÅL, 1855) (Heteroptera: Pentatomidae) hat Hessen erreicht, HETEROPTERON 49, S. 16-17
- Sostizzo, U.; Vogler, U.; Egger, B.; Kehrli, P.; Sauer, C.; Zwahlen, D. (2018): Marmorierte Baumwanze - Halyomorpha halys, Agroscope Merkblatt Nr. 71
- Wermelinger, B.; Wyniger, D.; Forster, B. (2008): First records of an invasive bug in Europe: Halyomorpha halys (STÅL, 1855) (Heteroptera: Pentatomidae), a new pest on woody ornamentals and fruit trees?, Mitt. Schweiz. Entomol. Ges. 81, S. 1–8
Beitrag zum Ausdrucken
Weiterführende Informationen
Autor