Nachrichten aus dem AWG - LWF-aktuell 131

Das Bayerische Amt für Waldgenetik (AWG) verfolgt das Ziel die Vielfalt der Genressourcen in Bayerns Wäldern zu erhalten. Zu den zentralen Aufgaben des Amtes gehören demzufolge die Herkunftssicherung, die Umweltvorsorge und die Erhaltung der genetischen Vielfalt.

Die neuesten Erkenntnisse und Informationen aus der Landesstelle, den Bereichen Herkunftsforschung, Forschung und allgemeine Nachrichten des AWG finden sie auf dieser Seite. Die Nachrichten aus dem AWG erscheinen auch stets in der jeweiligen Ausgabe von LWF-aktuell.

Saatguternteaussichten – heuer sehr spärlich

Ästchen mit den weiblichen und männlichen BlütenZoombild vorhanden

Abb. 1: Weibliche und männliche Blüten der Hainbu­che (Foto: M. Luckas)

Es war nicht zu übersehen: Die Blütenstaubwolken sind heuer im Frühjahr ausgeblieben. Unser Wald, egal ob Nadel- oder Laubwald, hat nur sehr wenig geblüht. Nachdem im letzten Jahr fast alle Baumarten fruktifiziert hatten, haben alle »Insider« mit dieser Flaute gerechnet.

Eine Ausnahme bilden lediglich Hainbuche und Linde. Hier wird auf nennenswerte Saatgutmengen im Herbst gehofft. Mit etwas Glück könnten vereinzelt auch kleine Ernten bei Weißtanne im Bayerischen Wald gelingen. Ähnlich gestaltet sich die Lage bei den Eichen- und den Ahornarten. Hier sind höchstens ganz vereinzelt kleinere Sammelaktionen zu erwarten. Insgesamt wird das unbefriedigende Saatguternteangebot von 2021 die angespannte Lage auf dem Forstpflanzenmarkt in den nächsten Jahren nicht entschärfen.

Michael Luckas, AWG

Ein »Urgestein« geht in den Ruhestand …

Porträt von Anton Paulus und Doris Nowak vor einem WaldrandZoombild vorhanden

Abb. 2: Anton Paulus mit seiner Nachfolgerin Doris Nowak (Foto: M. Luckas)

Der langjährige Leiter der Kontroll- und Servicestelle 3 FoVG, Anton Paulus, wurde zum 1. Oktober 2021 in den Ruhestand versetzt. Ein erfahrener und vorbildlicher Forstmann verlässt damit die Landesstelle. In seinem über 18jährigen Einsatz für die Herkunfts- und Identitätssicherung ist Toni Paulus bei den ihm zugeordneten Forstpflanzen- und Forstsamenbetrieben mit Freundlichkeit, Besonnenheit und beeindruckender Professionalität aufgetreten.

Für sein erfolgreiches Tun hat er sicherlich von den verschiedenen Stationen seines beruflichen Werdegangs davor profitiert. Über acht Jahre war er im Revierdienst in den Forstämtern Biburg und Aichach tätig. Dazwischen brachte er sich mehr als 15 Jahre an der Oberforstdirektion in Schwaben ein. Lange Jahre war er als bewährter Prüfer für die Forstinspektorenprüfung unterwegs. Das Forstvermehrungsgutgesetz hat er als zentrales Gesetz für die Forstwirtschaft erkannt. Deshalb lag ihm nicht nur die objektive und konsequente Kontrolle am Herzen, sondern auch die Prävention durch überzeugende Information und Beratung.

Mit Neuzulassungen und der Revision von geeigneten Saatgut-Erntebeständen sorgte er leidenschaftlich für die Zukunft des Waldes und der Forstwirtschaft. Forstliches Vermehrungsgut kennt keine Ländergrenzen und durchläuft viele Stationen. Eine nationale Zusammenarbeit von Kontrollstellen ist da zum vertrauensvollen Informationsaustausch unabdingbar.

Für sechs Jahre fungierte Toni Paulus als gewählter Sprecher der Kontrollbeamten des Bundes und der Länder. Er war dadurch Bindeglied zur Konferenz der Waldbaureferenten der Länder und zum gemeinsamen Gutachterausschuss für forstliches Vermehrungsgut. Zudem war er für die Ausrichtung der jährlichen Tagung der Kontrollbeamten verantwortlich. Sein geschätztes und anerkanntes Fachwissen und besonders seine ehrliche Kollegialität werden den Kontroll- und Servicestellen in Deutschland und vor allem in Bayern sehr fehlen.

Michael Luckas, AWG

… und die »Kontrolle« wird weiblicher

Die Nachfolge von Anton Paulus hat zum 1. Juli 2021 Doris Nowak angetreten. Für die neue Leiterin der Kontroll- und Servicestelle 3 FoVG ist gewiss nicht nur die perfekte Einweisung durch ihren Vorgänger von Vorteil, sondern auch die über 30jährige forstliche Berufserfahrung.

Elf Jahre hat sie in den Forstämtern Beilngries und Treuchtlingen im Revierdienst verbracht. Anschließend arbeitete sie am Staatsministerium im Bereich Forstliche Öffentlichkeitsarbeit. Von 2008 bis zuletzt war sie Qualitätsbeauftragte für forstliche Förderung am AELF Neumarkt in der Oberpfalz.

Sich für geeignetes und identitätsgesichertes forstliches Vermehrungsgut einzusetzen, ist ihr schon lange ein Anliegen. Mit großem Interesse und konsequentem Engagement will sie sich deshalb der neuen hoheitlichen Aufgabe im Dienste zukunftsfähiger Wälder stellen.

Michael Luckas, AWG

Saatgutprüfung am AWG

Im Labor: Eine Hand greift mit einer Pinzette ein Stück Hackschnitzel aus einer GlasschaleZoombild vorhanden

Abb. 3: (Foto: STMELF, T. Haase)

Für die geplanten Waldumbaumaßnahmen wird die Versorgung der Waldbesitzer mit geeigneten Herkünften forstlichen Vermehrungsgutes eine zentrale Rolle spielen. Jede Saatgutpartie der im Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG) genannten Baumarten muss jedoch einer Prüfung unterzogen werden, bevor sie in den Umlauf gebracht werden kann. Diese wird unter anderem am Saatgutprüfungslabor des AWG angeboten. Die dabei durchgeführten Untersuchungen beinhalten zum einen die Feststellung der äußeren Beschaffenheit sowie die Bestimmung der Anzahl der lebenden Keime pro Kilogramm Saatgut.

Das große Erntevolumen der abgelaufenen Saatguterntesaison spiegelte sich auch am Probenaufkommen der Saatgutprüfung des AWG wider. So wurden im Zeitraum Juli 2020 bis Juni 2021 insgesamt 376 Proben von 27 Baumarten zur Analyse eingeschickt. Daraus ergaben sich 1.190 Einzeluntersuchungen, die sich folgendermaßen zusammensetzten:
  • Reinheitsuntersuchung: 264
  • Tausendkornmasse: 269
  • Feuchtegehalt: 351
  • Keimfähigkeitstest: 161
  • Test auf Lebensfähigkeit: 145
Den größten Anteil der untersuchten Partien stellten die Baumarten, die dem FoVG unterliegen wie Tanne (97 Proben), Eiche (93 Proben), Buche (62 Proben) und Douglasie (31 Proben). Vereinzelt wurden jedoch auch Baumarten analysiert, die nicht dem FoVG unterliegen wie Elsbeere, Feldahorn und Flatterulme sowie nichtheimische Baumarten wie die Orientbuche.

Ralph Jenner, AWG

Mitochondriales Genom der Rotbuche: Quelle für taxonomische Genmarker

Kreisgrafik auf der die einzelnen Gene farblich gekennzeichnet sind. Daneben die LegendeZoombild vorhanden

Abb. 4: Ringförmiges mitochondriales Genom der Rotbuche. Die Farben markieren verschiedene Gene und andere kodie­rende Regionen (vereinfacht und verändert; Original in: Mader et al. 2020)

Die Rotbuche Fagus sylvatica ist eine der wichtigsten und am weitesten verbreiteten Laubbaumarten in Mitteleuropa. Die vollständige DNA-Sequenz der Buche wurde bereits 2018 entschlüsselt und ist 542 Megabasen lang. Das sind 542.000.000 Einzelbausteine in einem DNA-Strang. Insgesamt wurden 130.000 Gene identifiziert. Neben dem Erbgut im Zellkern befindet sich auch in den Chloroplasten und in den Mitochondrien eigenes Erbgut.

Diese Organellen wurden in die »Urzelle« als Bakterien aufgenommen und haben ihre eigene ringförmige DNA bis heute beibehalten. Mitochondrien gelten als Kraftwerke der Zelle und teilen sich unabhängig vom Zellzyklus der Zelle. Die Mitochondrien in Pflanzenzellen zeichnen sich durch Zusatzfunktionen aus, die oftmals in einem Bezug zur Fotosynthese stehen. Viele Gene, die für die Funktion der Mitochondrien notwendig sind, wurden im Laufe der Zeit in den Zellkern ausgelagert.

Die Sequenz des mitochondrialen Genoms von Fagus sylvatica wurde nun entschlüsselt. Das mitochondriale Genom der Buche ergibt zusammengesetzt zu einer einzigen DNA- Sequenz eine Länge von 504.715 Basen-paaren. Es wurden insgesamt 58 Gene vorhergesagt.

Daraus konnten vier Genmarker (sog. SNPs, Single Nucleotide Polymorphisms) entwickelt werden, die für Fagus, Fagaceae oder Fagales spezifisch sind. In die Validierung der Marker wurden über 100 Individuen aus 69 Laubbaumarten und aus 15 Familien einbezogen. Das Markerset ist geeignet zur Identifizierung der Gattung Fagus in DNA-Proben aus Baumgeweben oder Holzprodukten, einschließlich Holz-Verbundprodukten.

Dr. Barbara Fussi, AWG

Literatur

  • Mader, M.; Schroeder, H.; Schott, T.; Schöning-Stierand, K.; Montalvão, A.; Liesebach, H.; Liesebach, M.; Fussi, B.; Kersten, B. (2020): Mitochondrial Genome of Fagus sylvatica L. as a Source for Taxonomic Marker Development in the Fagales. Plants, 9, 1274; doi:10.3390/plants9101274. Bildquelle: Mader et al. 2020

AWG empfängt BFW Wien

Teilnehmer posieren in einer Reihe vor einem WaldrandZoombild vorhanden

Abb. 5: Die Kolleginnen und Kollegen vom BWF Wien und AWG Leiter und Mitarbeiter auf der Weißtannen­-Samenplantage in Laufen­-Penesöd (Foto: D. Kavaliauskas, AWG)

Im Juni besuchten Kolleginnen und Kollegen vom BFW Wien, Institut für Waldbiodiversität und Naturschutz, Abteilung für Ökologische Genetik das AWG Teisendorf. In Zeiten des Klimawandels haben beide Einrichtungen sehr ähnliche Schwerpunkte und den Fokus auf die Erhaltung und Nutzung forstlicher Genressourcen ausgerichtet. Oberstes Ziel von Generhaltungsstrategien bei Waldökosystemen muss die Erhaltung der genetischen Information am Ort ihres Vorkommens (In-Situ) sein. Forstliche Genressourcen, welche am Ort ihres Wachstums gefährdet (z.B. Trockenheit, Schadstoffemissionen usw.) sind, müssen abseits ihres Wuchsortes gesichert werden.

Eine mögliche Maßnahme, um die Genressource zu sichern, ist der Aufbau von Erhaltungssamenplantagen. Die meisten bayerischen Samenplantagen erfüllen neben der Erhaltung auch den Zweck der Versorgung mit hochwertigem Vermehrungsgut, was unter sich rasch ändernden Klimabedingungen zunehmend eine wichtige Rolle spielt. Es wurde eine Weißtannen-Samenplantage sowie die Samenplantagen »Europäische Lärche« und »Waldkiefer« in Laufen besichtigt.

Verschiedene Themen wie Anfälligkeit von Samenplantagen durch neue Schadorganismen, Wahl des geeigneten Standorts wurden diskutiert. Zum Schluss wurden den Kollegen die Demonstrationsfläche zu Alternativbaumarten in Freilassing vorgestellt. Dabei konnte die Bedeutung und das Vorgehen bei der Einbringung von Alternativbaumarten am Beispiel verschiedener Baumarten wie Atlas- und Libanonzeder, Schwarzkiefer, Tulpenbaum usw. diskutiert werden.

Dr. Muhidin Šeho, AWG

Dr. Anna-Mária Szász-Len

Porträt von Dr. Anna-Mária Szász-Len vor einer HeckeZoombild vorhanden

Abb 6.: Dr. Anna-Mária Szász-Len (Foto: AWG)

Von Mai bis August dieses Jahres arbeitete ich im Sachgebiet 1 »Angewandte forstgenetische Forschung« als Labormitarbeiterin im Forschungsprojekt AQUAREL »Anpassung der Traubeneiche (Quercus petraea) an Reliktstandorten«. Eines der Projektziele ist die Erfassung von genetischer Vielfalt in ausgewählten Reliktstandorten mittels Kern- und Chloroplasten-DNA-Markern.

Seit September bin ich im Forschungsprojekt AcCarTi beschäftigt. Das Ziel dieses Projekts ist die Verbesserung der Erntebasis für Spitzahorn, Hainbuche und Sommerlinde auf genetischer Grundlage. Meine Aufgabe ist die Durchführung von Extraktion genomischer DNA, darauffolgender PolymeraseKettenreaktionen (PCR-Analyse) und Fragmentanalyse sowie die Auswertung und Dokumentation der durchgeführten Analysen.

In meiner Doktorarbeit erforschte ich die genetische Vielfalt der Saatgut-Erntebestände der Rotbuche in den rumänischen Karpaten. Während eines elfmonatigen Stipendiums habe ich meine ersten Untersuchungen mit Kern-DNA-Markern im forstgenetischen Labor des AWG durchgeführt.

Hubert Haumaier

Porträt von Hubert Haumaier vor einem StrauchZoombild vorhanden

Abb. 7: Hubert Haumaier (Foto: AWG)

Seit Juli 2021 arbeite und forsche ich am AWG im Sachgebiet 2 »Forstgenetisches Versuchswesen« als Projektmitarbeiter im Projekt QPFC. Zuvor war ich in den Projekten FitforClim/AdaptforClim und CorCed tätig. Ziele dieser Projekte waren unter anderem die Bereitstellung von hochwertigem forstlichen Vermehrungsgut für die Zukunft und die Überprüfung der Anbaueignung verschiedener Zedern- und Baumhaselherkünfte in Bayern.

Das Projekt QPFC befasst sich mit der Prüfung der Anbaueignung der mediterranen Eichenarten Flaumeiche, Zerreiche und Ungarische Eiche (Quercus pubescens, Q. frainetto, Q. cerris). Ziel ist neben der Anlage von Versuchsflächen der Aufbau von Kontakten in die Herkunftsländer, um auch für diese Arten eine zukünftige Versorgung von qualitativ hochwertigem und herkunftssicherem Vermehrungsgut sicherstellen zu können.

Johann Geiger

Porträt von Johann Geiger vor einem BaumZoombild vorhanden

Abb. 8: Johann Geiger (Foto: AWG)

Seit 1. Juli 2021 arbeite ich als forstlicher Mitarbeiter am AWG im Sachgebiet 3 »Erhalten und Nutzen forstlicher Genressourcen«. Im Rahmen einer Abordnung bearbeite ich für zwei Jahre das Projekt »Baumarten für den Klimawald – Saatgutgewinnung alternativer Baumarten im In- und Ausland«.

Schwerpunkte der Aufgabe sind die Förderung der Saatgutversorgung mit alternativen Baumarten und Herkünften in Bayern sowie die Beschaffung von Versuchssaatgut ausgewählter Herkünfte und die Begleitung kontrollierter Saatguternten inklusive der Gewinnung genetischer Proben für die Herkunftssicherung. Dazu gehört auch die Bereisung und Ernteerkundung ausgewählter Baumarten und Herkünfte (z.B. Atlaszeder, Libanonzeder, Baumhasel, Bornmüllertanne, Elsbeere oder Edelkastanie).

Die Bewertung älterer Anbauten mit Alternativbaumarten soll einen Beitrag zu ersten Anbauempfehlungen dieser Baumarten in Bayern liefern. Nach Abschluss des Projekts ist eine Rückkehr auf meine bisherige Stelle als Revierleiter am AELF Cham geplant.

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