Zoonosen
Hantavirusjahr 2021 – Bayern verzeichnet einen Rekord an Erkrankungen

Rötelmaus (Myodes glareolus)

Foto: Sergey Ryzhkov - fotolia.com

Nagetiere können verschiedene Krankheitserreger in sich tragen, die auf den Menschen übertragen werden und Erkrankungen hervorrufen können. Zu diesen so genannten Zoonoseerregern zählen auch die weltweit vorkommenden Hantaviren.

Für Erkrankungsfälle in Süddeutschland ist vor allem das Puumala-Orthohantavirus (PUUV) verantwortlich. Die Rötelmaus (Clethrionomys glareolus; Synonym: Myodes glareolus) ist Reservoir und Überträger dieses Hantavirus. Aktuell wird in Bayern ein gehäuftes Auftreten von Hantavirus-Erkrankungen beobachtet.

Seit Beginn des Jahres 2021 wurden dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) über 180 Fälle von Hantavirus-Erkrankungen übermittelt (Datenstand: 22.06.2021) und damit deutlich mehr Fälle als im Vergleichszeitraum des bisherigen Rekordjahres 2010. Ähnliche Häufungen wie 2021 gab es bereits in den Jahren 2007, 2010, 2012, 2015, 2017 und 2019 (Abb. 1).

Balkendiagramm zu Hantavirus-Meldungen. Die x-Achse stellt die Jahre, die y-Achse die Zahl der Meldungen in Stück dar.

Abb. 1: Hanta-Virus-Fälle in Deutschland 2007 - 2021
Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), Datenquelle: SurvNet; Datenstand: 08.06.2021)

Kleine rotbraune Maus sitzt auf herbstlichem feuchten Laub.Zoombild vorhanden

Abb. 2: Rötelmaus [Myodes glareolus] (Foto: H.-J. Fünfstück, www.5erls-naturfotos.de)

Die Häufigkeit von Hantavirus-Infektionen beim Menschen unterliegt jährlichen Schwankungen, die auf das Nahrungsangebot für die Überträger (insbesondere die Rötelmaus, Abb. 2) und klimatische Faktoren zurückzuführen sind. So genannte „Hantavirusjahre“, in denen es zu einem gehäuften Auftreten von Infektionen kommt, treten meist alle 2-3 Jahre auf.

Ihnen gehen in der Regel Jahre mit einer starken Früchteproduktion bei Buchen und Eichen (Buchen- oder Eichenmast) voran, die zu einem großen Nahrungsangebot für die Reservoirwirte und so zu einer sprunghaften Vergrößerung der Population führen können.

Verbreitung in Bayern

Bayernkarte mit verschieden blau eingefärbten Landkreisen und vielen roten Punkten.Zoombild vorhanden

Abb. 3: Karte Hantavirus in Bayern: Inzid 2016-20, Fälle 2021 (Quelle: LGL)

In Bayern wurden Hantavirus-Infektionen zumeist in bestimmten Regionen beobachtet. Zu diesen Endemiegebieten gehören die Regionen um Würzburg und Aschaffenburg, die Schwäbische Alb (sowohl der bayerische als auch der baden-württembergische Teil) sowie Teile des Bayerischen Waldes.

Auch in diesem Jahr wurde ein Großteil der Erkrankungsfälle in diesen Gebieten verzeichnet (Abb. 3).

forstcast.net: Podcast zum Hantavirus

Rötelmaus (Myodes glareolus)

Foto: Sergey Rzyzhkov - fotolia.com

Übertragung auf den Menschen

Die Hantaviren werden von infizierten Nagetieren über Speichel, Urin und Kot ausgeschieden und können darin einige Wochen infektiös bleiben. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt vor allem durch die Inhalation virushaltiger Stäube oder vermutlich durch Bisse. Auch eine Übertragung über Lebensmittel, die mit Ausscheidungen infizierter Nagetiere kontaminiert wurden, und durch Kontakt der verletzten Haut mit kontaminiertem Staub wird diskutiert.

Krankheitsbild

Hantaviren verursachen in Abhängigkeit vom Virustyp verschiedene Krankheitsbilder mit unterschiedlich schwerem Verlauf. In Deutschland wie auch in West-, Nord- und Mitteleuropa manifestiert sich die Hantavirus-Infektion in der Regel als milde bis moderate Verlaufsform des hämorrhagischen Fiebers mit renalem Syndrom (HFRS). Die Leitsymptome sind hohes Fieber, Muskelschmerzen, Kopf- und Rückenschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden (wie Appetitlosigkeit, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen) und akutes Nierenversagen. Generell ist jedoch davon auszugehen, dass ein großer Teil der Hantavirus-Infektionen asymptomatisch bzw. mit unspezifischen Symptomen verläuft und damit unerkannt bleibt.

Maßnahmen zur Infektionsvermeidung

Da weder eine Impfung noch eine spezifische Therapie gegen Hantaviren existiert, sollten zur Vermeidung von Infektionen bestimmte Hygieneregeln eingehalten werden. Wie zuvor bereits beschrieben, sind die Hantaviren in den Ausscheidungen von infizierten Rötelmäusen zu finden. Besondere Vorsicht ist deshalb bei Tätigkeiten in Räumen geboten, in denen Mäuse vorkommen oder vorkamen (z. B. Schuppen, Keller, Dachböden, Gartenhäuschen), aber auch im Freien, z. B. bei Kompost- oder Holzarbeiten. Staubentwicklung sollte bei Reinigungsarbeiten durch vorheriges Befeuchten vermieden werden. Bei sichtbarem Mäusebefall sollten Handschuhe und Mund-Nasen-Schutz (FFP3-Maske) getragen werden.

Im Sinne eines One Health-Ansatzes werden gegenwärtig verschiedene Aspekte der Epidemiologie von Hantaviren und anderen, durch Nagetiere übertragenen Zoonoseerregern, untersucht. Dabei arbeiten die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) in Freising und der interdisziplinäre Forschungsverbund „RoBoPub“ (Rodent-Borne-Pathogens-and-Public-Health, also Nagetier-übertragene Krankheitserreger und öffentliche Gesundheit) eng zusammen.

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