Die schillernden Puppenräuber werden nach der wissenschaftlichen Erfassung wieder unbeschadet in die Freiheit entlassen
Derzeit erlebt Nordbayern eine "Bevölkerungsexplosion" der besonderen Art: Der Schwammspinner, (Lymantria dispar), ein Nachfalter, vermehrt sich rasant und massenhaft. Tausende von haarigen Raupen dieses Schmetterlings fressen sich vor allem durch die Eichenwälder Frankens. Die gefräßigen „Fraßfeinde“ der Eiche haben mit den Puppenräubern wiederum selbst natürliche "Fressfeinde",
Waldforscher der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft untersuchen die schillernde Käfer in unseren Eichenwäldern
Interessierte Waldbesucher können als Bürgerwissenschaftler*innen mitarbeiten
Eichenwälder gehören zu artenreichsten Waldlebensräumen. Viele Schmetterlingsarten und andere Artengruppen haben sich auf Eichenlaub spezialisiert. Manche dieser Schmetterlinge wie der Schwammspinner können unter bestimmten Rahmenbedingungen Massenvermehrungen durchlaufen, die für Eichenwälder dann in einem Kahlfraß enden können. Dieser kann ganze Wälder in ihrem Fortbestand gefährden.
Glücklicherweise haben die gefräßigen „Fraßfeinde“ der Eiche wiederum selbst natürliche "Fressfeinde", kleine Raubtiere, die ihnen nachstellen. Es sind insbesondere zwei mittelgroße Käfer, die Förstern und Waldbesitzern helfen, die eindrucksvollen Eichen und das wertvolle Biotop Eichenwald zu schützen.
Zu diesen räuberischen Jägern in unseren Eichenwäldern gehören der Große und der Kleine Puppenräuber. Das sind zwei stattliche einheimische Käferarten mit einem „Heißhunger“ speziell auf die Puppen des Schwammspinners – daher auch der ungewöhnliche Name.
Die Puppe ist nach der Raupe das zweite Stadium in der Entwicklung eines Schmetterlings. Während der Verpuppung erfolgt die beeindruckende Umwandlung von der Raupe zum Schmetterling
Etwa vierhundert Schwammspinner-Puppen frisst ein einzelner Puppenräuber im Laufe seines Lebens. Doch wenn die Puppenräuber auch nicht in der Lage sind, Massenvermehrungen zu verhindern, so sorgen sie doch zusammen mit Krankheitserregern und anderen Räubern – wie zum Beispiel den Kuckuck - dafür, den Befall durch die gefräßigen Raupen und so den Schaden für die Eichen etwas zu reduzieren.
Wie stark die Puppenräuber-Arten die Raupen dezimieren können, und unter welchen Bedingungen besonders viele Puppenräuber vorkommen – das erforscht derzeit ein Team der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) aus Freising unter der Leitung von Dr. Stefan Müller-Kroehling. Dafür müssen die gleichermaßen nützlichen wie geschützten Käfer, die auch auf der „Roten Liste“ gefährdeter Arten stehen, erst einmal gefangen werden. Der Forstwissenschaftler und seine Studenten der Hochschule-Weihenstephan-Triesdorf und TU München nutzen dafür eine amerikanische Spezialfalle. Diese hat den Vorteil, dass den Puppenräubern beim Fang "kein Haar gekrümmt" wird, wie der Käferspezialist erläutert. Natürlich erfolgt auch die Untersuchung, Erfassung und Markierung tierschonend. Anschließend werden die kleinen Raubtiere wieder in die Freiheit entlassen und an die Arbeit geschickt.
Unterstützen Sie die Forschungen zum Großen und Kleiner Puppenräuber in Eichenwäldern!
Neben ihrer eigenen Forschungsarbeit sind die Wissenschaftler aber auch an allen Sichtungen von Großen und Kleinen Puppenräubern sehr interessiert. Sie bitten daher im Rahmen der "Citizen Science" (Bürgerwissenschaft) um die Mitarbeit der Waldbesucher und Waldbesucherinnen! Vor allem vom Großen Puppenräuber ist bisher ungeklärt, wo die Käfer die Jahre zwischen den Massenvermehrungen verbringen. Durch ihre Mitarbeit können nun Bürgerinnen und Bürger helfen, Antworten auf diese Frage zu finden.
Dazu werden Meldungen erbeten, wann und wo Puppenräuber gesehen wurden. Wichtig dabei ist die genaue Angabe der Örtlichkeit - wenn möglich mit Koordinaten, ansonsten mit Name des Waldgebiets und des nächsten Orts. Auch ein Belegbild ist wichtig, damit die Bestimmung abgesichert werden kann. Die Käfer dürfen nur fotografiert und beschrieben werden. Sie dürfen nicht in Ihrem Lebensraum gestört oder gar gesammelt werden!
Heimische Puppenräuber haben ein breitovales Hallschild, eine ausgeprägte „Wespentaille“ und kräftige Schultern. Der Kleine Puppenräuber ist metallisch kupfern gefärbt, der große goldmetallisch mit blauem Halsschild. Beide sind etwa 2 bis 3 cm groß. Der Kleine Puppenräuber ist vor allem im April bis Juni aktiv, der Große Puppenräuber bevorzugt im Mai-Juni. Ein Faltblatt der Bayerischen Landesanstalt mit Bildern und Informationen über die beiden eindrucksvollen Puppenräuber-Käfer kann bei der Bestimmung helfen und kann von der Homepage der LWF heruntergeladen werden.
Meldungen mit Zeit, Ort und Bild können an puppenraeuber@lwf.bayern.de gesendet werden. Dr. Stefan Müller-Kroehling und seine Mitarbeiter bedanken sich im Namen der Wissenschaft!