Fichtenaltholz mit Buchenvoranbau

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Walter Faltl, Hans Mages, Markus Neufanger und Dominik Schwarz
Die »Bergwaldrichtlinie« der BaySF – LWF aktuell 120

Mit dem »Bergwaldbeschluss« vom 5. Juni 1984, den der Bayerische Landtag am 23. Juni 2015 nochmals bestätigt hat, wurde ein grundlegender Rahmen für den Schutz unserer Bergwälder fixiert. Die Bayerischen Staatsforsten tragen als Bewirtschafter für mehr als die Hälfte dieser Bergwälder eine hohe Verantwortung.
Das neu entwickelte Bewirtschaftungskonzept der Bayerischen Staatsforsten bringt die Schutzfunktionen mit den vielfältigen weiteren Anforderungen an den Bergwald, insbesondere auch den forsttechnischen, in Einklang. Neben aktuellen waldwachstumskundlichen Erkenntnissen sind auch die Erfahrungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die neue »Bergwaldrichtlinie« eingeflossen.

Die Bayerischen Alpen (Wuchsgebiet 15) umfassen eine Fläche von rund 4.600 km², mehr als die Hälfte dieses Gebietes ist bewaldet. Dabei reicht die Bandbreite der Höhenlagen beginnend mit 473 m ü. NN im tief ausgeschürften Saalach-Tal bei Bad Reichenhall bis hin zum 2.963 m ü. NN hoch gelegenen Gipfel der Zugspitze. Nach Höhenlage und Morphologie lassen sich sehr unterschiedliche Landschaftsräume unterscheiden: von den mittelgebirgsartigen Vorbergen des Flysches über die kalkalpine Randzone mit engräumig verzahnten karbonatischen und silikatischen Gesteinen bis hin zu den großflächig von Dolomiten und Kalken geprägten Hochalpen.

Die natürliche Waldzusammensetzung in den Bayerischen Alpen wird wesentlich von den Höhenstufen (Wärme und Niederschlag), der Lage im Gelände, der Exposition (Sonnund Schattseite) und den Eigenschaften der Waldböden bestimmt. Dominierend sind die montane Stufe und der hier von Natur aus vorkommende Bergmischwald aus Fichte, Tanne, Buche sowie weiteren Mischbaumarten wie insbesondere Bergahorn und Lärche.

Der Bergwald: Waldzustand und angestrebte Waldentwicklung

Herbstlicher Wald; Laubbäume gelb und rot, Nadelbäume grünZoombild vorhanden

Abb. 1: Die Waldfläche der Bayerischen Staatsforsten im Wuchsgebiet 15 umfasst rund 159.000 ha. (Foto: BaySF)

Die heutige Waldzusammensetzung ist ein Ergebnis prägender Einflüsse der menschlichen Nutzung des bayerischen Alpenraums, vor allem der Forst- und Jagdgeschichte. Die ab dem späteren Mittelalter verbreiteten großen Kahlschläge bis in die Hochlagen, um insbesondere im Bereich der Salinenwälder ausreichend Feuerholz für die Salzgewinnung bereitzustellen, aber auch die »Aufhege« der jagdbaren Schalenwildarten und die Ausrottung großer Beutegreifer führten letztendlich zu einem starken Rückgang von Tanne und Laubholz bei gleichzeitig starker Erhöhung des Fichtenanteils. Seit den 1970er Jahren setzte ein forstliches und gesellschaftliches Umdenken ein und die Bedeutung eines reich strukturierten, naturnahen Bergwaldes mit all seinen Funktionen erhielt am 5. Juni 1984 letztendlich Bestätigung durch den »Bergwaldbeschluss« des Bayerischen Landtages.

Vergleicht man die aktuellen Baumartenanteile im Bergwald (FE-Stichtag: 01.07.2017) mit der in der Forsteinrichtungsplanung angestrebten Baumartenzusammensetzung in 50 Jahren, zeigt sich ein klares Ziel: Die Anteile an Tanne, Buche und Edellaubholz sollen von gemeinsam rund 33 % auf künftig 44 % gesteigert werden, bei gleichzeitiger Reduktion des Fichtenanteils von 60 % auf 48 % (Abbildung 2).

Diese Verschiebung der Baumartenanteile ist die logische Konsequenz einer Sicherung bzw. Schaffung naturnaher, strukturreicher Bergmischwaldbestände im Rahmen von Pflege- und Verjüngungsmaßnahmen, gleichwohl das Klimarisiko für die Fichte in den Bayerischen Alpen bis zum Jahr 2100, im Vergleich zum restlichen Bayern, derzeit als gering eingeschätzt wird.

Im Zuge der Erarbeitung der »Bergwaldrichtlinie « wurde auf Basis der Ergebnisse des EU-Projekts »Waldinformationssystem Nordalpen« (WINALP) auch eine Standortkarte Alpen mit zwölf Standortgruppen entwickelt. Damit liegen für den Staatswald im Wuchsgebiet 15 erstmals flächig Standortinformationen vor. Sie bilden eine wesentliche Grundlage für die waldbauliche Planung und die forstliche Bewirtschaftung. Auf Basis der Standortkarte Alpen wurde auch die Arbeitsanweisung Nährstoffmanagement für den Alpenraum ergänzt. Durch entsprechend angepasste, wo notwendig sehr restriktive, Nutzung von Kronenderbholz (Vollbäume) wird die Nährstoff- und Humusnachhaltigkeit der Waldbewirtschaftung gewährleistet.

Funktionen des Bergwaldes – Naturgefahren und Schutzwald

Tortendiagramme mit aktuellen und in 50 Jahren gewünschten Flächenanteilen in Wuchsgebiet 15 der BaySF. Fichte von 60% auf 48% reduzieren, dafür Buche, Edellaubholz, Tanne, Lärche, Kiefer und Sonstiges Laubholz um jeweils etwa 20% erhöhenZoombild vorhanden

Abb. 2: Aktuelle sowie in 50 Jahren angetrebte Flächenanteile der Baumarten (Grafik: LWF)

Über zwei Drittel der von der BaySF im Hochgebirge bewirtschafteten Waldfläche (159.000 ha i. S. d. Artikel 2 Bay- WaldG) sind gesetzlicher Schutzwald nach Artikel 10 Abs. 1 BayWaldG. Die wichtigste Funktion der Bergwälder im Hochgebirge ist der Schutz von Menschen, ihrer Siedlungen und Infrastruktureinrichtungen vor alpinen Naturgefahren wie zum Beispiel Lawinen, Steinund Blockschlägen, Felsstürzen, Muren, Rutschungen und Hochwasser. Darüber hinaus schützt der Bergwald aber auch empfindliche Waldböden vor Humusschwund, Degradation und Erosion.

Das waldbauliche Vorgehen nach der »Bergwaldrichtlinie« berücksichtigt diese Schutzfunktionen im besonderen Maße und räumt ihnen im Zweifel Vorrang vor allen anderen Anforderungen ein. Gezielte Maßnahmen sowohl bei der regulären Waldbewirtschaftung als auch reine »Schutzwaldpflege« in Flächen außerhalb regelmäßiger forstlicher Bewirtschaftung sollen diese Vorgabe erfüllen. Die Sanierung stark funktionsgestörter Schutzwälder hingegen ist Aufgabe der Bayerischen Forstverwaltung. Im Staatswald setzen die BaySF die von der Bayerischen Forstverwaltung geplanten Maßnahmen auf 9.900 ha Sanierungsflächen um, das sind etwa 10 % der Schutzwaldfläche.

Grundsätze der Waldbewirtschaftung im Hochgebirge

In der dominierenden montanen Höhenstufe (bis etwa 1.400 m ü. NN) sind reich strukturierte und dauerwaldartig aufgebaute Bergmischwälder das waldbauliche Leitbild. Sie erfüllen die vielfältigen Funktionen und gesellschaftlichen Ansprüche am besten. Resistenz gegen und Resilienz bei abiotischen und biotischen Störungen sowie Anpassungsfähigkeit gegenüber Veränderungen im Klimawandel sind dabei entscheidende Faktoren, um insbesondere die herausragenden Schutzfunktionen von Bergwäldern zu gewährleisten.

Lange Überlappungszeiträume der verschiedenen Waldgenerationen in dauerwaldartig aufgebauten Wäldern sorgen zum anderen auch für weitgehend konstanten Volumenzuwachs und somit kontinuierliche Nutzungsmöglichkeiten. Die Ziele, die strategische Ausrichtung und die fachlichen Leitlinien für die Waldbewirtschaftung und Schutzwaldpflege im Hochgebirge sind in zehn Grundsätzen verbindlich vorgegeben (s. Klapper).

10 Grundsätze für die Waldbewirtschaftung im Hochgebirge

Cover einer Broschüre mit Alpenpanorama

Abb. 5: Die Broschüre der BaySF zu den Grundsätzen der Waldbewirtschaftung im Hochgebirge (Grafik: BaySF)

Grundsätze für die Waldbewirtschaftung im Hochgebirge bei den Bayerischen Staatsforsten Externer Link

Die 10 Grundsätze
  • Der Erhaltung und Verbesserung der Schutzfunktionen des Bergwaldes werden im Zweifel stets Vorrang vor allen anderen Anforderungen eingeräumt.
  • Die Waldbewirtschaftung im Bergwald ist darauf ausgerichtet, die Waldböden in ihrer Leistungsfähigkeit, Produktionskraft und Schutzwirkung ungeschmälert zu erhalten oder zu verbessern. Vor allem auf flachgründigen Standorten liegt dabei das Hauptaugenmerk auf dem Humus
  • Den im Klimawandel steigenden Risiken für den Bergwald und seine vielfältigen Funktionen wird durch die Erhaltung und Schaffung vor allem standortangepasster naturnaher Bergmischwälder begegnet. Standortwidrige Fichtenreinbestände werden gezielt umgebaut. Waldschutzrisiken, insbesondere die Gefährdung durch Borkenkäfer, unterliegen einem aktiven Monitoring und wirksamen Vorsorge- und Gegenmaßnahmen.
  • Durch regelmäßige moderate Eingriffe werden die Holzvorräte im Bergwald auf einem optimalen Niveau gehalten, sodass der angestrebte Strukturreichtum und eine laufende Verjüngung erreicht werden.
  • Im Bergwald wird dauerhaft zielgemäß gemischte Verjüngung auf möglichst großer Fläche angestrebt, um die Schutzfunktionen zu sichern und die waldbaulichen Ziele zu erreichen.
  • Die Intensität der Waldbewirtschaftung und das waldbauliche Vorgehen richten sich im Bergwald in besonderem Maße an den Standortbedingungen aus.
  • Die Belange des Naturschutzes werden bei der Bewirtschaftung des Bergwaldes integrativ berücksichtigt. Naturschutzfachlich besonders wertvolle Wälder werden gesondert erfasst, für seltene Arten, wie beispielsweise das Auerhuhn, wird das waldbauliche Vorgehen angepasst.
  • Die besondere Bedeutung des Bergwaldes als Erholungsraum wird bei der waldbaulichen Planung und Waldbewirtschaftung gezielt berücksichtigt.
  • Der Einsatz von Forsttechnik und die Erschließung im Bergwald erfolgen naturschonend und richten sich an den Standortbedingungen und den waldbaulichen Anforderungen aus
  • Die Bejagung von Rot-, Gams- und Rehwild im Bergwald stellt sicher, dass die natürliche Verjüngung standortgemäßer gemischter Altbestände sowie die Pflanzung oder Saat von Hauptbaumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen möglich ist.

Grundkonzept für das waldbauliche Vorgehen in bewirtschaftbaren Lagen

Das in der Richtlinie beschriebene waldbauliche Vorgehen bezieht sich in erster Linie auf die flächenmäßig dominierende Bergmischwaldstufe und ist sowohl für Rein- als auch Mischbestände anwendbar. Alle den Bergwald kennzeichnenden Besonderheiten (Schutzfunktionen, Naturschutzaspekte, Standortsvielfalt etc.) sind dabei integriert.

Ausdrücklich berücksichtigt sind auch die Bringungsverhältnisse: Besonders in steilen, befahrungsempfindlichen und schwer zugänglichen Lagen kommen an Stelle hochmechanisierter Standard-Holzernteverfahren (z. B. klassischer Harvestereinsatz) geländeangepasste, vergleichsweise teure motormanuelle Holzernteverfahren in Kombination mit Seilschlepperoder Seilkranbringung zum Einsatz. Hier besteht die Herausforderung darin, das waldbauliche und forsttechnische Vorgehen miteinander in Einklang zu bringen, ohne den Waldbau einfachen technischen Lösungen unterzuordnen.

Für die meist in Bewirtschaftung stehenden besserwüchsigen Bergmischwaldstandorte stellt die Richtlinie bezüglich Pflege, Durchforstung und Verjüngung folgendes Grundkonzept dar:

Jungbestandspflege und Pflege unter Schirm

Im Vordergrund steht die Mischungsregulierung zur Sicherung der angestrebten Baumartenzusammensetzung. Je nach Wüchsigkeit sind 0 bis 1 (2) Eingriffe im Jahrzehnt erforderlich. Die Maßnahmen sollen möglichst frühzeitig bei einer Oberhöhe von bis zu 3 m erfolgen, da die Bestände dann noch übersichtlich sind und ein effizientes Arbeiten ermöglichen. Bei Versäumnissen oder erneuter Gefährdung der Mischung können Eingriffe auch später notwendig sein.

Pflege unter Schirm dient der Mischungsregulierung in der Vorausverjüngung, wobei mittlerweile der Sicherung von Nadelholzanteilen in von Laubholz, vor allem Buche, dominierten Verjüngungen eine zu- nehmende Rolle zukommt. Je nach Dominanz der Buche sind zur Sicherung zielgemäßer Mischungsverhältnisse ggf. mehrere Pflegeeingriffe notwendig. Ergänzend ist i. d. R. auch eine deutliche Lichtgabe durch Zurücknahme des Altholzschirms über den gepflegten Verjüngungspartien erforderlich, möglichst vor der Pflege.

Durchforstung

Von Ausnahmen (schwachwüchsige Standorte) abgesehen ist auch im Bergwald grundsätzlich eine Durchforstungsphase vorgesehen. Dadurch sollen Stabilität, Mischung und Struktur der Bestände gefördert, der Vorratsanstieg begrenzt und die Bodengare für die künftige Verjüngung eingeleitet werden. Der Einstieg in die Durchforstung beginnt im Schleppergelände ab einer Oberhöhe von 12 bis 15 m, im Seilgelände, sobald ausreichend dimensionierte Stützen- und Ankerbäume vorhanden sind (BHD der 100 stärksten Bäume je ha 25 bis 30 cm, Oberhöhe 18 bis 20 m). 70 bis 100 Auslesebäume (inkl. Mischbaumarten) werden durch Entnahme von 1 bis 2 (max. 3) Bedrängern je Eingriff konsequent gefördert.

Bei Seilbringung sind i. d. R. zusätzliche Entnahmen für »Beizugslinien« notwendig, um vor allem in der Saftzeit ein bestandesschonendes Beiziehen der Entnahmebäume zu ermöglichen. Der Trassenabstand bei Seilbringung beträgt circa 40 m. Je nach Wüchsigkeit erfolgen im Schleppergelände 0 bis 1 (2) Eingriffe im Jahrzehnt mit Entnahmemengen von 40 bis 60 Efm/ha, im Seilgelände 1 bis 2 Eingriffe bis Verjüngungsbeginn mit je 70 bis 80 (100) Efm/ha. Als Ergebnis der Durchforstungsphase soll ein stabiler und strukturreicher (Bergmisch-)Wald mit gewünschter Beteiligung von Mischbaumarten entstehen.

Verjüngung, dauerwaldartige Bewirtschaftung – Verjüngungsschlitze und verjüngungsorientierte Zielstärkennutzung

In einem Fichtenwald werden mit einem Seilzug zwei Fichtenstämme geborgenZoombild vorhanden

Abb. 3: Waldbau und Forsttechnik im Einklang: Bestandesund verjüngungsschonende Holzbringung im Seilgelände. (Foto: BaySF)

Um rechtzeitig die erwünschte Vorausverjüngung zu etablieren und langfristig mischbaumartenreiche, gut strukturierte und stabile Bestände zu erreichen, erfolgen verjüngungswirksame Eingriffe frühzeitig, d. h. in führenden Nadelholzbeständen ab etwa 60 Jahren bzw. rund 25 m Oberhöhe, bei führenden Laubholzbeständen etwa 20 Jahre später. Dazu werden femelartige Lichtstellungen in Form von Gruppenschirmstellungen oder sog. Verjüngungsschlitzen angelegt.

Letztere sind schlitzartig zur Beiseilrichtung ausgeformt, wobei alle Bäume entnommen werden; dies minimiert spätere Schäden an Bestand und Verjüngung bei der Holzernte (Abbildung 3). In den Zwischenräumen erfolgen zunächst keine Eingriffe, sodass ein Mosaik ausgeprägter Dunkel- und Lichtfelder entsteht, was den lichtökologischen Ansprüchen der verschiedenen Baumarten im Bergmischwald entgegenkommt. Soweit notwendig werden die gewünschten Baumarten gepflanzt. In Seillagen wird immer nur jede zweite Seiltrasse aus der Durchforstung genutzt. Dies reduziert den Bedarf an Anker- und Stützenbäumen, erhöht die Entnahmemenge je Trasse und gewährleistet auf der unbearbeiteten Restfläche Dunkelfelder.

Beim Folgeeingriff wird nachgelichtet und in den Dunkelfeldern erfolgt – soweit zur Einhaltung des Vorratskorridors erforderlich – eine bemessene Strukturdurchforstung bzw. eine beginnende verjüngungsorientierte Zielstärkennutzung, ohne die Dunkelfelder aufzulösen. Im weiteren Verjüngungsgang beschränken sich Eingriffe vor allem auf Zielstärkennutzung, wobei jedoch darauf geachtet wird, dass keine gleichmäßige Schirmstellung erzeugt wird. Daher werden vielfach auch mehrere nebeneinander stehende Bäume entnommen. Im Idealfall kann damit schließlich in eine dauerwaldartige Bewirtschaftung der neu entstandenen ungleichaltrigen Bestände mit starker horizontaler und vertikaler Struktur übergegangen werden.

Zur Sicherung von Struktur, Stabilität und weiterer Verjüngung soll – in Abhängigkeit vom Standort – ein Zielvorratskorridor von 300 bis 400 Efm/ha eingehalten werden, was die Abschöpfung des laufenden Zuwachses durch stetige Holznutzung notwendig macht. Zur Steuerung der Mischungsanteile in der Vorausverjüngung kann Pflege unter Schirm notwendig sein. Je nach Bringungssituation bzw. Holzernteverfahren und Wüchsigkeit sind 0 bis 1 (2) Eingriffe im Jahrzehnt erforderlich, die Entnahmemenge liegt bei maximal 120 Efm/ha und Eingriff.

Elementare waldbauliche Aufgabe in der Verjüngungsphase ist die frühzeitige Etablierung der gewünschten Vorausverjüngung auf möglichst großer Fläche. Dies ist eine aktive Vorsorge, um die Schutzfunktion der Bergwälder langfristig zu gewährleisten. Schäden an Altbeständen, verursacht durch zum Beispiel Insekten oder Stürme, können durch bereits vorhandene Vorausverjüngung schnellstmöglich kompensiert werden.

Praxisfälle und Besonderheiten

Weiterhin geht die Richtlinie auch auf typische Praxisfälle (Quereinstiege) sowie Abweichungen auf mittelwüchsigen Bergmischwaldstandorten und Besonderheiten (Bestände mit Schälschäden bzw. ungeeigneter Herkünfte) ein. Ein eigenes Kapitel ist waldbaulichen Maßnahmen in Auerhuhnlebensräumen (Abbildung 4) gewidmet, für welche die BaySF eine besondere Verantwortung tragen. Schließlich wird auch das waldbauliche Vorgehen auf besonderen Standorten (z. B. subalpiner Fichtenwald) dargestellt.

Schutzwaldpflege in nicht bewirtschafteten Lagen

Ein Auerhahn; Hühnervogel mit schwarzem Gefieder, wobei die Flügel braun sind, zudem über den Flügeln grün-blaue Spiegel; über den Augen rote Partien.Zoombild vorhanden

Abb. 4: Ein Kapitel widmet sich waldbaulichen Maßnahmen in Auerhuhnlebensräumen. (Foto: BaySF)

Der Großteil des Schutzwaldes steht aufgrund der Ungunst der Standorte bzw. fehlender Erschließung außerhalb regelmäßiger forstlicher Bewirtschaftung; Gesichtspunkte der Holnutzung treten in den Hintergrund. Ziel ist hier, die Schutzfunktionen durch gezielte Maßnahmen der Schutzwaldpflege dauerhaft und vollständig zu gewährleisten.

Dabei sind die Anforderungen an den Schutzwald und die notwendigen Maßnahmen abhängig von der jeweiligen Naturgefahr. Während ein Lawinenschutzwald zum Beispiel einen hohen Anteil immergrünen Nadelholzes aufweisen sollte, kommt es bei einem Erosionsschutzwald auf eine tiefgründige und intensive Durchwurzelung des Bodens an. Maßnahmen der Schutzwaldpflege reichen von Pflege (Mischungsregulierung, ggf. Rottenpflege) über Pflanzung bis hin zu einfachen technischen Maßnahmen wie dem Einbau von Querlegern.

Grundlage für die Priorisierung möglicher Maßnahmen sind flächendeckende Informationen zum Schutzbedarf sowie zur Gefahr von Degradation oder Erosion (Standortkarte Alpen).

Zusammenfassung

An die Waldwirtschaft im Hochgebirge werden vielfältige und hohe Anforderungen gestellt – vom Schutz vor Naturgefahren über die Bedeutung des Bergwaldes als Lebensraum für besonders sensible und seltene Tiere und Pflanzen sowie als viel genutzter Erholungsort für Einheimische und Gäste bis hin zur ressourceneffizienten Produktion des nachhaltigen Rohstoffes Holz. Die »Bergwaldrichtlinie« der BaySF setzt konkrete Vorgaben für die waldbauliche Behandlung der Wälder im Hochgebirge, die all diesen Anforderungen gerecht wird und gleichzeitig forsttechnisch machbare Lösungen bietet. Die Richtlinie stellt dem Anwender klare Prinzipien und umfangreiche, praxistaugliche Entscheidungshilfen zur Verfügung, um alle Aspekte beim waldbaulichen Handeln möglichst integrativ beachten zu können.

Wesentlichen Beitrag zur Erarbeitung dieser Richtlinie lieferten auch zahlreiche Workshops mit Revierleitern, Forstbetriebsleitern, Forsteinrichtern sowie Vertretern der Wissenschaft und der Forstverwaltung. Vielfältiges praktisches Wissen und persönliche Erfahrungen konnten dadurch genutzt werden. Die Richtlinie wurde durch intensive Schulungen bereits in Umsetzung gebracht, ihre Implementierung in der Praxis wird laufend weiter begleitet. Die Akzeptanz bei den Beschäftigten der BaySF wie auch den Forstunternehmern ist hoch.

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Weiterführende Informationen

Autoren

  • Walter Faltl
  • Hans Mages
  • Markus Neufanger
  • Dominik Schwarz