Eine Gruppe von Kindern steht in einem Laubwald.

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Green Care WALD Österreich – LWF aktuell 121

Wie man mit Wald und Gesundheit in Österreich Brücken baut

Hinter dem Begriff Green Care versteckt sich eine breite Palette von Aktivitäten in der Natur. Allen gemeinsam ist das Ziel, die Natur zur Steigerung des sozialen, körperlichen und psychischen Wohlbefindens aktiv zu nutzen. In Österreich setzt das Bundesforschungszentrum für Wald mit dem Projekt Green Care WALD einen Schwerpunkt auf soziale Nachhaltigkeit. Dabei bauen wir Brücken zwischen dem Wald und der menschlichen Gesundheit und arbeiten daran, Wohlbefinden im Wald wurzeln zu lassen.

Sei es ein Spaziergang im Wald, bei dem man nach einem anstrengenden Alltag zur Ruhe kommt und die Gedanken wieder neu ordnet. Oder sei es gezielte körperliche Bewegung in der Natur, bei der man sich auspowert und neue Kraft tankt. Zeit, die man in der Natur verbringt, wird von den meisten Menschen als gut investierte Lebenszeit angesehen.

Wald wirkt

Ein artenreicher Wald mit einem seichten, breiten Bach; darüber eine zugewucherte Bogenbrücke

Abb. 1: Green Care WALD: Hier werden zahlreiche Brücken zwischen Wald und menschlicher Gesundheit gebaut. (Foto: M. Sallmannshofer)

In der Natur bekommt man viel von dem zurück, was im hektischen Alltag zu kurz gekommen ist oder gar ganz eingebüßt wurde. Wälder, Wiesen, Bäche, ebene weite Landschaften oder hohe Gebirge: Die Natur ist facettenreich und ruft in uns auch dementsprechend vielfältige Stimmungen hervor, die zumeist positiv besetzt sind. Diese positiven Gefühle, die sich beim Aufenthalt in der Natur einstellen, sind vielen Menschen aus persönlichen Erfahrungen bekannt. Dieses allgemeine Wohlbefinden in der Natur wird aber auch zunehmend wissenschaftlich untersucht. Viele Studien gehen heutzutage der Frage nach, wie sich Aufenthalte in der Natur auf uns Menschen auswirken, warum sie unsere Stimmung heben und Entspannung hervorrufen.

Insbesondere der Wald als Natur- und Kulturlandschaft rückt mehr ins öffentliche Bewusstsein. Zahlreiche Studien deuten darauf hin, dass sich insbesondere Aufenthalte und Erholung im Wald positiv auf unsere physische und psychische Gesundheit auswirken (z. B. Beil & Hanes 2013; Barton & Pretty 2010; Bowler et al. 2010; Cervinka et al. 2012, 2014; Hartig et al. 2014; Lee et al. 2009; Pietilä et al. 2015; Tsunetsugu et al. 2010, 2013).

Sei es dabei die aktive körperliche Bewegung, der wir im Wald nachgehen, oder das aufmerksame Zur-Ruhe-Kommen und Entspannen beim gemächlichen Spazierengehen: Im Wald scheint es uns Menschen leicht zu fallen, Abstand vom Alltag zu bekommen. Aufenthalte im Wald werden als wohltuend erlebt und über 90 % der Befragten geben positive Auswirkungen auf ihre persönliche Gesundheit und ihr Wohlbefinden an (Hansmann et al. 2007; Hartig et al. 2003; Van den Berg et al. 2003). Genau an dieser Stelle setzen sogenannte Green Care-Aktivitäten an.

»Green Care« – ein vielfältiger Sammelbegriff

»Green Care« steht für gesundheitsfördernde, soziale oder pädagogische Aktivitäten in der freien Natur (s. Kasten S. 11), die für die gesamte Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden können. Einige Beispiele werden in diesem Artikel vorgestellt. Eine wichtige Voraussetzung für die positive Wirkung von Green Care- Interaktionen ist in jedem Fall ein gewisses Interesse an der Natur und daran, sich in dieser aufzuhalten.

Auch ist zu betonen, dass der bloße Aufenthalt in der Natur, wie zum Beispiel beim Spazierengehen, noch nicht als eine Green Care-Interaktion zu bezeichnen ist. Bei Green Care geht es vielmehr um speziell auf die Zielgruppe und deren Bedürfnisse abgestimmte Aktivitäten in der Natur. Dabei setzt Green Care auf die Natur sowohl als Kulisse und auch als aktiven Partner, wobei der Kontakt mit Pflanzen, Tieren und auch der abiotischen Natur im Fokus steht.

Trotzdem müssen nicht alle Green Care-Interventionen zwingendermaßen in der Natur stattfinden. Vielmehr können sie auch an anderen Orten, zum Beispiel in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen, stattfinden, je nach den Bedürfnissen und Möglichkeiten der Zielgruppe.

Green Care WALD

Eine Frau lehnt in einem lichten Wald an einen BaumstumpfZoombild vorhanden

Abb. 2: Wald leistet viel. (Foto: Silke Bernhardt)

Hier ist der Name Programm: Es geht um Aktivitäten im Sinne von Green Care, die im Wald stattfinden. Das Projekt Green Care WALD ist in Österreich seit dem Jahr 2014 am Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) verankert. In Österreich ist das Thema Landwirtschaft in Green Care durch die Landwirtschaftskammern schon sehr gut vertreten.

Viele landwirtschaftliche Betriebe bieten Green Care-Aktivitäten an und öffnen ihren Hof für soziale Projekte. Das können zum Beispiel Tageseinrichtungen für Menschen mit Behinderung oder Pflegeheime am Bauernhof sein. Green Care WALD ist dabei sozusagen die [i]Wald[/i]antwort, die forstliche Antwort auf die Green Care- Initiative der Landwirtschaftskammern und somit der Waldpartner für sämtliche waldgebundene Green Care-Fragen in Österreich. Die Land- und Forstwirtschaft sind in Österreich traditionell und naturgemäß sehr eng miteinander verbunden.

Zudem ist der Wald in Österreich eine sehr wichtige Natur- und Kulturlandschaft, die knapp die Hälfte der Staatsfläche ausmacht. Dieser Wald gehört zum Großteil, genauer gesagt zu 82 %, privaten Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern. Im Zuge von Green Care WALD arbeiten wir daran, private sowie öffentliche Waldeigentümer davon zu überzeugen, sich sozial zu engagieren und ihren Wald für Green Care-Aktivitäten zur Verfügung zu stellen.

Im Rahmen von Green Care WALD erarbeiten wir Praxisbeispiele, wie der Wald im Sinne von Green Care genutzt werden kann, um Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern Beispiele für eine Diversifizierung im sozialen Sektor zu liefern. So bauen wir mit Green Care WALD Brücken, nämlich zwischen der Land- und Forstwirtschaft und dem sozialen Sektor.

Die Wurzeln des Projekts

Das Projekt Green Care WALD wird durch das österreichische Programm für Ländliche Entwicklung gefördert, welches vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) verwaltet wird. Bevor das Projekt Green Care WALD im Jahr 2014 offiziell gestartet wurde, fand bereits im Jahr 2011 die erste österreichische Tagung »Wald und Gesundheit« in Reichenau an der Rax statt.

Die Gesundheitseffekte des Aufenthaltes im Wald, der Wald als Standort und Thema therapeutischer und sozialer Aktivitäten sowie die Gesundheitseffekte von Produkten aus dem Wald waren die Hauptthemen der Tagung. Federführend war hier die Forstsektion des BMNT. In Folge dieser Veranstaltung wurde die Plattform »Wald und Gesundheit Österreich « ins Leben gerufen, die regelmäßig tagt.

Dabei kommen Fachexpertinnen und Fachexperten aus unterschiedlichen Bereichen zusammen, teilen ihre Erfahrungen und verfolgen das Ziel, das Thema Wald und Gesundheit ins Bewusstsein der Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer zu rücken. Es geht auch darum, den derzeitigen Wissensstand und die thematische Breite aufzuzeigen, sich auszutauschen, die Potenziale und Chancen, auch künftige Aufgaben auszuloten und aktuelle Beispiele aus Theorie und Praxis zu demonstrieren.

Wie Green Care WALD arbeitet

Ganz im Sinne von Green Care liegt der Hauptschwerpunkt der Green Care WALD-Arbeit am BFW auf gesundheitsfördernden, sozialen oder pädagogischen Interventionen und Projekten im Wald. In der aktuellen Projektphase unterstützt Green Care WALD fünf Pilotprojekte, die diese Ziele verfolgen.

Mit den praktischen Erfahrungen aus den Pilotprojekten möchten wir nachvollziehbar und greifbar machen, welche Green Care WALD-Projekte möglich sind, wie man sie umsetzt und erfolgreich fortführt. Je nach Pilotprojekt arbeiten wir dazu mit unterschiedlichen Personen aus unterschiedlichen Sektoren zusammen, die in Folge Ansprechpartner und Multiplikatoren für ihre Green Care WALD-Ideen werden.

So können wir interessierten Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern vermitteln und zeigen, wie sie selbst Green Care WALD-Ideen in ihrem eigenen Wald umsetzen können. Unsere Pilotprojekte kreisen dabei um die großen Themen [i]Gesundheit[/i], [i]Bildung[/i] und [i]Arbeit[/i]. Schauen wir uns diese Schwerpunkte ein wenig genauer an.

Gesundheitsort Wald

Ein Mann geht im Wald spazierenZoombild vorhanden

Abb. 3: Wald leistet viel: Arbeit im Wald fördert die innere Stärke – Wald erholt – Wald bietet Raum für Erleben und Sport. (Foto: Silke Bernhardt)

Die gesundheitsnahen Branchen entdecken den Wald zunehmend als Ressource. Heutzutage findet sich eine breite Palette von Angeboten, die auf Gesundheitsförderung abzielen: Von evidenzbasierten, medizinisch begleiteten Aktivitäten bis hin zu esoterisch angehauchten Ausprägungen ist beinahe jede Idee dabei, die Wald und Gesundheit zu verbinden versucht. Wir glauben, dass Green Care WALD-Aktivitäten einen großen Beitrag zur Gesundheitsförderung gesunder Menschen leisten kann.

Der Wald bietet sich gleichermaßen als Ort für eine aktive Freizeitgestaltung und für Stressabbau an, beides Schlüsselelemente in der Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention. Viele Aspekte, die unsere persönliche Gesundheit ausmachen, können wir nicht selbst beeinflussen und steuern. Viele Erkrankungen, die uns im Laufe unseres Lebens heimsuchen, lassen sich nicht mit einem wohl geplanten Waldspaziergang zur rechten Zeit abwenden.

Sehr wohl aber kann man etwas für sein allgemeines Wohlbefinden tun und eine ausgeglichene Lebensweise mit maßvoller körperlicher Bewegung anstreben. Eine gesunde Lebensweise kann wiederum unterstützend bei der Vorbeugung von vielen Krankheiten wie Übergewicht, Typ 2 Diabetes, Herzkrankheiten und dergleichen sein. Diese sind oftmals Begleiterscheinungen unserer modernen, leistungsgeprägten Gesellschaft, in der sitzendende Tätigkeiten im urbanen Umfeld und eine ungesunde Lebensweise unseren Alltag prägen und zudem der Kontakt zu Natur mehr und mehr verloren geht.

Im Rahmen von Green Care WALD etablieren wir daher derzeit einen Waldgesundheitsweg. Dazu kooperieren wir mit dem Stift Geras, einem großen privaten Waldbesitzer im niederösterreichischen Waldviertel. Das Stift besitzt viele Waldflächen, wovon sich einige im direkt an das Stift angrenzenden Naturpark befinden. Dieser Naturpark wird auch heute schon gerne von der Bevölkerung als Ort zum Entspannen aufgesucht und touristisch genutzt. Auch im Stift selbst wird der Fokus seit einigen Jahren auf Gesundheitsförderung gelegt. Dort finden regelmäßig Fastenkurse für gesunde Menschen statt, die auch die Wälder für Spaziergänge während der Fastenzeit aktiv heranziehen.

All das sind schon gute Grundvoraussetzungen für unser Pilotprojekt. Vorangetrieben und federführend unterstützt wird das Projekt von Wolfgang Riener, einem Förster und Waldpädagogen, der seinem Heimatort Geras mit diesem Green Care WALD-Projekt einen neuen Impuls geben möchte. Im nächsten Schritt des Projekts geht es darum, Waldwege durch den Naturpark auszuweisen, die besonders wohltuend körperwirken und somit zur Gesundheitsförderung beitragen. Dazu arbeiten wir mit der Universität für Bodenkultur Wien zusammen, die wissenschaftlich untersuchen wird, wie welche Wege durch den Wald auf das Wohlbefinden von Probanden wirken.

Dabei wird es nicht nur um Beschreibungen persönlicher Empfindungen der Probanden gehen, sondern auch um die Messung physiologischer Körperfunktionen, die tatsächliche Aussagen über den Entspannungszustand zulassen. In Folge dieser Untersuchungen lässt sich ein Gesundheitsweg definieren, der die bestmöglichen Voraussetzungen für Gesundheitsförderung und Wohlbefinden bietet. So schlagen wir mit diesem Projekt Brücken zwischen privaten Waldbesitzern, LandnutzerInnen, privaten engagierten Einzelpersonen, der Bevölkerung und Wissenschaft. Und auch die direkte Brücke zum sanften und wohl geplanten Tourismus wird in Folge weiter ausgebaut.

Green Care ist …

… ein internationaler Sammelbegriff, der für gesundheitsfördernde, soziale oder pädagogische Interventionen in der belebten und unbelebten Natur steht. Green Care kann dabei viele Formen annehmen. Im internationalen Kontext sind vor allem sogenannte care farms bekannt, aber auch therapeutische Gärten oder tiergestützte Therapie fallen unter das breite Dach von Green Care. Das Ziel ist dabei immer, durch Interventionen in der Natur die physische, soziale und psychische Gesundheit sowie das Wohlbefinden der jeweiligen Zielgruppe zu erhalten oder zu fördern. Man bringt also Menschen wieder in Kontakt mit Natur. So vielfältig wir Menschen sind, so vielfältig sind auch die Zielgruppen, die mit Green Care angesprochen werden können. Seien es Kinder und Jugendliche, ältere Personen, Menschen mit psychischen und physischen Erkrankungen, arbeitsmarktferne Personen oder Menschen, die durch Schicksalsschläge oder andere unvorhersehbare Geschehnisse am Rande der Gesellschaft stehen – sie alle können von Green Care-Aktivitäten profitieren.

Wald und Tourismus

Ein lichter Kiefernbestand mit Fokus auf die Blaubeeren in der KrautschichtZoombild vorhanden

Abb. 4: Ein Blick in den Wald mit durchaus weitreichenden Folgen. (Foto: Silke Bernhardt)

Apropos Tourismus: In den letzten Jahren wird der Wald besonders stark auch von jenen Branchen wahrgenommen, die traditionell eher nicht mit ihm in Verbindung gebracht werden. Der Tourismus hat die Natur und insbesondere den Wald längst als profitable, ursprünglichkernige und vor allem selbst in unseren Breiten exotische Quelle entdeckt. Touristische Angebote zur Gesundheitsförderung im Wald boomen.

Dabei kommt das ungeschminkt-ehrliche Erscheinungsbild des Waldes dem Grundbedürfnis vieler Menschen nach etwas Echtem, Unverfälschtem nach und der Wald in seiner Natürlichkeit hält als Spiegelbild dieses Wunsches her. Zudem leben heutzutage schon so viele Menschen entkoppelt von der Natur, die sie umgibt, sodass selbst der Wald, der unsere Landschaft in Mitteleuropa schon so lange prägt, von der Tourismusbranche als exotisch-geheimnisvolle Natur inszeniert werden kann.

Diese Entwicklung ist unserer Meinung nach als positiv zu werten, solange respektvoll mit der Natur umgegangen wird und die Menschen dabei unterstützt werden, sich ihr wieder anzunähern. Auch hier muss man natürlich genau hinschauen, durch welche Art von Gesundheitstourimus der Wald ins Scheinwerferlicht gerückt wird. Mit Green Care WALD versuchen wir daher, den Tourismus möglichst früh im Zuge von Pilotprojekten als aktiven Partner zu gewinnen und gemeinsam gesundheitsfördernde Projekte voranzutreiben.

Im Tourismus liegt auch eine große Chance für Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer, Green Care WALD-Aktivitäten nicht nur aus bloßem Interesse an sozialem Engagement, sondern mit Blick auch auf Wirtschaftlichkeit zu betreiben. Bei unseren Projekten achten wir sehr genau darauf rechtzeitig zu kommunizieren, dass der Wald mehr ist als eine Kulisse für gesundheitstouristische Aktivitäten. Er ist Lebensraum für Tiere und Pflanzen, Arbeitsraum für Menschen und ein Schutzschild vor Naturgefahren. Er sichert viele unserer Lebensgrundlagen, ganz abgesehen vom Trinkwasser, das er filtert oder dem Sauerstoff, den Bäume produzieren.

Und obendrein gehört der Wald natürlich auch jemanden, das heißt, dass wir mit all unseren Green Care WALD-Aktivitäten bei jemandem zu Gast sind und auch dementsprechend respektvoll mit der Ressource Wald umgehen möchten.

Therapieort Wald

Blick vom Boden in die BaumkronenZoombild vorhanden

Abb. 5: Ein Blick in den Wald mit durchaus weitreichenden Folgen: Menschen mit Suchterkrankungen können im Wald einen neuen Blick auf ihr Leben erhalten. (Foto: Silke Bernhardt)

Aber nicht nur in der Gesundheitsförderung, auch im Rahmen therapeutischer Maßnahmen gewinnt der Wald an Bedeutung. Interventionen, also aktiv gesetzte und zielgerichtete Maßnahmen, die nicht nur das Wohlbefinden gesunder Menschen steigern, sondern sich ganz spezifisch an kranke Menschen richten, werden verstärkt in den Wald verlagert. In der Sonderkrankenanstalt in Warmbad- Villach in Kärnten zum Beispiel werden seit mehreren Jahren bereits Waldausgänge in therapeutischer Einbettung angeboten.

Die Forstliche Ausbildungsstätte Ossiach des BFW in Kärnten war bei dieser Projektinitiative federführend. Dabei können Schmerzpatientinnen und Schmerzpatienten, die einen dreiwöchigen, stationären Aufenthalt in der Kurklinik angetreten haben, einmal pro Woche an Waldausgängen teilnehmen. Diese werden von einer erfahrenen und ortskundigen Waldpädagogin geleitet, die viel Fingerspitzengefühl und Empathie für diese besondere Zielgruppe mitbringt. Die Waldausgänge sind Teil des therapeutischen Begleitprogramms und werden im Vorfeld gut geplant.

Nicht jede Schmerzpatientin, nicht jeder Schmerzpatient ist für einen solchen Waldausgang geeignet. Das Team aus Ärzten und Therapeuten entscheidet vorab, wer körperlich dazu in der Lage ist und wer nicht. So kommt es zu einer engen Verzahnung zwischen dem klassischen Therapieangebot und den begleitenden Maßnahmen in der Natur. Dabei spielen die chronischen Schmerzen der Patientinnen und Patienten übrigens nicht die Hauptrolle: Vielmehr werden ihre Gedanken auf andere Dinge, Erlebnisse, Veränderungen und Geschehnisse in der Natur gelenkt. Die gemeinsame Bewegung an der frischen Luft, die vielen Anekdoten aus dem Wald und die spontanen Momente in der Natur sind es, die den Fokus weg von den Schmerzen, hin zum Staunen lenken. Und das ist ein wesentlicher Aspekt, der das persönliche Wohlbefinden unterstützt. Das ist eine weitere Möglichkeit, wie Green Care WALD aussehen kann.

In einem weiteren Pilotprojekt arbeiten wir derzeit daran, den Wald als Ort für die Therapie von Menschen mit Suchterkrankungen zu etablieren. Dazu haben wir im Rahmen von Green Care WALD im April 2018 einen Workshop veranstaltet, an dem Expertinnen und Experten aus dem forstlichen Umfeld sowie der Suchtprävention und Suchttherapie teilgenommen haben. Der gemeinsame Erfahrungs- und Wissensaustausch hat zur Initiierung eines Pilotprojekts geführt. Dabei kooperieren wir mit einer großen Suchtklinik in Wien. Für suchtkranke Menschen, die sich dort in stationärer Behandlung befinden, werden nun seit kurzem Waldausgänge angeboten.

Diese werden von Stefan Lirsch geleitet. Er ist Waldpädagoge und schon seit vielen Jahren immer wieder für Green Care WALD tätig. Die Aufenthalte in der Natur werden in enger Absprache mit dem therapeutischen Team der Klinik geplant und ergänzen das Therapieangebot um den Aspekt der Natur. Das Projekt steckt noch in den Kinderschuhen. Wir hoffen, dass wir in den kommenden zwei Jahren mehr darüber berichten können.

Arbeitsort Wald

Menschen pflanzen auf einer Brache BäumeZoombild vorhanden

Abb. 6: Soziale WALDarbeit gibt Menschen, die auf Grund von Unfall oder Krankheit sehr schwer in das Berufsleben zurückfinden, die Möglichkeit, in der Arbeitswelt Fuß zu fassen. (Foto: M. Handlos)

Man kann sich der Gesundheit auch von anderen Blickwinkeln nähern und versuchen, sie positiv zu beeinflussen. Bildung und Arbeit zum Beispiel sind wichtige Aspekte in unserem Leben, die unser Wohlbefinden in jedem Fall nachhaltig beeinflussen, manchmal trüben oder im besten Fall positiv fördern können. Green Care WALD setzt in diesem Zusammenhang auf [i]soziale Waldarbeit[/i].

Dabei wollen wir durch Beschäftigungsmöglichkeiten im Wald dazu beitragen, das Wohlbefinden von Menschen zu fördern und Selbstwertgefühl durch sinnvolle Tätigkeiten wachsen zu lassen. In einem aktuellen Pilotprojekt bringen wir Menschen und Wälder miteinander in Verbindung und unterstützen engagierte Personen und nachhaltig denkende Organisationen. In der Steiermark ist der Waldverband Steiermark eine solche Organisation.

Die Wertschöpfungskette Holz ist ein sehr wichtiger Wirtschaftsfaktor, der sich nur aufgrund der intensiven und nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder durch Waldbäuerinnen und Waldbauern dynamisch entwickeln konnte. In Zukunft wird der Fokus darauf liegen, auf die Klimaveränderungen zu reagieren und klimafitte Wälder zu entwickeln. Insbesondere junge Wälder benötigen enorm viel Pflege und viele Arbeitsschritte, um den wertvollen Rohstoff Holz bestmöglich zu erhalten. Hier ist der Ansatzpunkt für unser Green Care WALD-Projekt.

Viele Tätigkeiten im Wald, vom Pflanzen der Jungbäume über das Freischneiden bis hin zum Schützen vor Wild und Schädlingen, sind zwar arbeitsintensiv, können aber sehr wohl von physisch und psychisch eingeschränkten Menschen durchgeführt werden. Im Rahmen von Green Care WALD wurde daher das Pilotprojekt [i]Soziale Waldarbeit[/i] im Frühjahr 2018 gestartet und dabei eine Kooperation zwischen dem Waldverband Steiermark, dem Waldverband Weiz und der Chance B [i](www. chanceb-gruppe.at/Soziale-Dienstleistungen)[/i] ins Leben gerufen. Chance B ist ein Anbieter für soziale Dienstleistungen für Menschen jeden Alters und für alle Lebensbereiche. Dabei werden Menschen unter anderem im Bereich der Bildung und Arbeit unterstützt, wobei es hierbei um die berufliche Integration von benachteiligten Menschen geht. Ziel ist es, Arbeitsplätze zu finden und zu erhalten.

Im gemeinsamen Green Care WALD-Projekt werden diese Aspekte mit dem Wald verbunden: Benachteiligte Menschen, die einen Arbeitsplatz suchen, leisten einen wertvollen Beitrag und arbeiten aktiv in der klimafitten Waldbewirtschaftung mit. Die Menschen sind in der Pflege der Wälder tätig und erhalten so eine Beschäftigung. Auf diese Weise können wir Menschen unterstützen, die aus unterschiedlichen Gründen, schweren Schicksalsschlägen wie Unfall, Krankheit oder dergleichen schwer einen (Wieder-) Einstieg ins Berufsleben finden. Mit diesem Green Care WALD-Projekt wird ihnen die Möglichkeit gegeben, in der Arbeitswelt Fuß zu fassen. Um die Menschen auf die praktische Arbeit im Wald gut vorzubereiten, erhalten sie Schulungen in einer forstlichen Ausbildungsstätte.

Das Arbeiten in der Natur, die körperliche Anstrengung entsprechend der persönlichen Möglichkeiten der Menschen, das gemeinsame Werken und vor allem auch das Gefühl, einen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft geleistet zu haben, das alles wirkt sich außerordentlich positiv auf die Psyche und das allgemeine Wohlbefinden betroffener Menschen aus. Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer bezahlen für die Leistungen, die durch soziale Waldarbeit in ihrem Wald verrichtet werden, übrigens die normalen, in der Forstwirtschaft üblichen Standardsätze für die Tätigkeiten.

Green Care WALD international

Werfen wir einen Blick auf unsere internationalen Tätigkeiten. Das Projekt Green Care WALD ist mittlerweile breit vernetzt. In Österreich ist insbesondere der regelmäßige Austausch mit dem Verein Green Care Österreich sowie der österreichweiten und internationalen Green Care Community zu nennen. Aber auch internationale Prozesse zeigen, dass das Thema Wald und Gesundheit aktueller denn je ist.

Großes Potenzial liegt hier vor allem in der Entwicklung von neuen Green Jobs. Das BFW ist aktiv in solche Prozesse eingebunden und unter anderem Mitglied der FOREST EUROPE Expert Group on Human Health and Well-being. Ein internationales Expertenteam bereitet dabei die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse und praktischen Projekte zum Thema Wald, Wohlbefinden und Gesundheit auf. Ziel ist die breite Diskussion und der fachliche Austausch über Branchen hinweg, um in Folge gemeinsam politische Empfehlungen formulieren zu können.

Diese sollen in Entscheidungsprozessen rund um die Themen Wald, Gesundheit, Biodiversität und Tourismus Eingang finden. Gemeinsam mit FOREST EUROPE veranstaltet das BFW im Jahr 2019 den Workshop »Forests for Human Health – Challenges and Opportunities«. Dieser findet von 8.– 9. April in Wien statt.

Wie es weitergeht

Menschenhände, die auf die rötliche Rinde einer Kiefer gelegt sindZoombild vorhanden

Abb. 7: Nicht nur für Kinder: Sich dem Wald mit allen Sinnen nähern und achtsam sein. (Foto: Silke Bernhardt)

Die Natur kann für die gesamte Gesellschaft eine wichtige Ressource zur Gesundheitsförderung und -erhaltung sein. Aus diesem Grund werden gezielte Aufenthalte in der Natur zunehmend auch von Public Health-Verantwortlichen wahrgenommen. Das sind jene Expertinnen und Experten, die die gesundheitliche Gesamtverfassung der Bevölkerung im Blick haben.

So verwundert es nicht, dass zum Beispiel der Kontakt mit Natur als wichtige Public Health-Strategie gegen mentale und physische Erkrankungen vorgeschlagen wurde (Mitchell 2013; Maller et al. 2005). Wichtig ist in diesem Zusammenhang natürlich der Gesundheitszustand der Natur selbst – auch dieser muss gegeben sein, um seine positiven Wirkungen entfalten zu können. Green Care WALD möchte mit den genannten Beispielen aus unserem Projektportfolio zu diesen gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen beitragen.

Wichtig ist noch zu erwähnen, dass Green Care-Aktivitäten bestehende klassische Maßnahmen in der Gesundheitsförderung und Therapie keinesfalls ersetzen möchten. Vielmehr möchten wir sie um die positiven Wirkungen der Natur ergänzen.

Sowohl für große Forstbetriebe als auch für Kleinwaldbesitzerinnen und -besitzer kann Green Care WALD ein attraktives Angebot sein, sich ein weiteres finanzielles Standbein im eigenen Wald zu schaffen. Das Monetäre muss jedoch nicht zwingendermaßen vorrangig sein, vielmehr ist es das soziale Engagement, der Wunsch, den eigenen Wald aktiv für soziale Projekte zur Verfügung zu stellen, der Green Care WALD-Umsetzer antreibt.

Wir bauen Brücken

Man kann also abschließend sagen, dass wir mit unserer Green Care WALD-Arbeit stets versuchen, Brücken zu bauen: Zwischen Stakeholdern aus unterschiedlichen Branchen und Sektoren. Zwischen Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen, Ideen und Zielen. Zwischen Menschen mit unterschiedlichen Problemstellungen und Menschen, die dafür neue Lösungsansätze anbieten können. All unsere Green Care WALD-Ideen setzen wir mit Waldboden unter unseren Füßen und einem breiten Kronendach über unseren Köpfen um, mit viel Raum für Innovation und Blick über den Tellerrand. Wir möchten in Zukunft auch weiterhin dazu beitragen, dass Gesundheit und Wohlbefinden im Wald wurzeln und sich Wald und Mensch wieder näher kommen.

Zusammenfassung

Das Bundesforschungszentrum für Wald beschreitet seit 2014 mit Green Care WALD neue Wege und setzt ein deutliches Zeichen für die soziale Bedeutung des Waldes. Green Care WALD, als Teil der großen Green Care Community, verfolgt die Ziele und Strategien von Green Care. In enger Abstimmung mit Green Care Österreich arbeitet das Projekt Green Care WALD an der Umsetzung von Green Care-Angeboten in der Forstwirtschaft. Spezialisiert auf den Wald spricht das Projekt jene Menschen an, die einen Wald besitzen und bewirtschaften oder Ideen für vielseitige soziale Projekte im Wald umsetzen möchten. Green Care WALD sieht sich in der Vermittlerrolle, als Brückenbauer zwischen Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern, Forstbetrieben sowie Sozial-, Gesundheits-, Bildungs-, und Wirtschaftsakteuren. Der Beitrag beschreibt einige Teilprojekte und gibt einen kurzen Ausblick, wie es in Österreich und international mit Green Care WALD weitergehen kann.

Links

Literatur

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  • Beil, K.; Hanes, D. (2013): The Influence of Urban Natural and Built Environments on Physiological and Psychological Measures of Stress — A Pilot Study. International Journal of Environmental Research and Public Health, 10(4), S. 1250–1267; doi:10.3390/ ijerph10041250
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  • Cervinka, R.; Röderer, K.; Hefler, E. (2012): Are nature lovers happy? On various indicators of well-being and connectedness with nature. Journal of health psychology, 17(3), S. 379–388
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