Fichtenaltholz mit Buchenvoranbau

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Forstliche Genressourcen im rechtlichen Kontext - LWF-aktuell 117
von Florian Knutzen

Der Wald muss sich mit einem sich stark ändernden Klima auseinandersetzen. Damit er diesen Veränderungen erfolgreich begegnen kann, müssen Forstwirtschaft und Politik zügig wirkungsvolle Anpassungsstrategien entwickeln. Diese müssen auch die forstgenetischen Ressourcen im Auge behalten, da zahlreiche Maßnahmen die forstlichen Genressourcen beeinflussen. Rechtliche Rahmenbedingungen bilden dabei oftmals die Leitplanken, die eine Entwicklung in bestimmte Bahnen lenken.

Ungefähr ein Drittel der deutschen Landesfläche ist bewaldet. Nach Schmidt et al. (2003) sind hier 77 Baumarten heimisch. In erster Linie sind es Fichten, Kiefern, Buchen und Eichen, die dafür verantwortlich sind, dass Deutschland zu den am dichtesten bewaldeten Ländern Europas zählt. Allerdings gibt es starke Unterschiede in den einzelnen Bundesländern: Während in Schleswig-Holstein nur 10 % bewaldet sind, kommt man in Rheinland-Pfalz auf 42 %. Bayern liegt hier mit einer Bewaldungsrate von 36 % in der Spitzengruppe (BMELV 2011).

Der Klimawandel und sein Einfluss auf den Wald

Mischwald mit Buchen und FichtenZoombild vorhanden

Abb. 1: Ein naturnaher Mischwald leistet einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung forstlicher Genressourcen. (Foto: F. Knutzen, ASP)

Die Wälder Bayerns werden in den nächsten Jahrzehnten einem sich stark ändernden Klima ausgesetzt sein. Das langjährige Mittel von 1971 bis 2000, ermittelt vom DWD, in Bayern zeigt eine Temperatur von 7,8 °C (LFU). Gegenwärtig (2011– 2016) liegt die Durchschnittstemperatur im Freistaat bei 8,9 °C. Moderatere Klimamodelle wie KLIWA prognostizieren schon für die Mitte unseres Jahrhunderts eine Temperaturzunahme von knapp zwei Grad gegenüber dem langjährigen Mittel.

Auch die Niederschlagsmuster haben sich verändert. Neben einer generellen Zunahme von Starkregenereignissen regnet es in Bayern – mit Ausnahme des Nordostens – in den Sommermonaten von Juni bis August weniger. Besonders starke Folgen werden dort zu spüren sein, wo die Bestände heute schon an ihrer Trockenheitsgrenze stehen. Da im Forstbereich sehr lange Produktionszeiträume gelten, ist dieser vom Klimawandel besonders stark betroffen. Daher ist die Forstwirtschaft besonders interessiert an einer zügigen Entwicklung möglicher Anpassungsstrategien.

Genetische Vielfalt = geringeres Risiko

Hierfür ist neben unterschiedlichen forstlichen Eingriffen oder einer geeigneten Baumartenwahl die Genetik von zentraler Bedeutung. Denn je vielseitiger die Erbanlagen sind, desto größer ist die Auswahl an Möglichkeiten für Wälder, auf herausfordernde Umweltbedingungen zu reagieren. Die genetische Vielfalt kann durch eine vernünftige Verjüngung oder durch die Wahl des geeigneten Vermehrungsguts erhalten und vergrößert werden. Dabei spielen die Herkunft sowie die Beerntung und die Anzucht des Vermehrungsguts eine wichtige Rolle. Für die Praxis bedeutet eine vielfältige genetische Zusammensetzung eines Bestandes verbunden mit der Möglichkeit einer guten Streuung der Samen und Pollen eine höhere Anpassungsfähigkeit und damit ein reduziertes Anbaurisiko.

Dementsprechend spielen forstgenetische Ressourcen (FGR) eine erhebliche Rolle für die Klimaeignung von Baumarten, für die Anpassungsfähigkeit von Beständen, für das Gesamtwohl der Wälder und somit für die forstliche Betriebssicherheit. Für die Zukunft ist es von zentraler Bedeutung, das vorhandene genetische Potenzial zu schützen, wenn möglich weiter zu entwickeln und für die forstliche Praxis nutzbar zu machen.

Schutzschilde forstgenetischer Ressourcen

Weißtannenbstand im SonnenlichtZoombild vorhanden

Abb. 2: Weißtannenbestand aus dem Erntezulassungsregister: Die Weißtanne ist eine von 26 Baumarten, die dem Forstvermehrungsgutgesetz unterliegen. (Foto: ASP)

Auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene tritt die Politik seit einigen Jahrzehnten dem Verlust der Biodiversität entgegen und bemüht sich um den Erhalt der genetischen Vielfalt. In Deutschland bilden das Bundeswaldgesetz, das Forstvermehrungsgutgesetz und das Bundesnaturschutzgesetz den rechtlichen Rahmen bezüglich forstlicher Genressourcen (FGR). Forstliche Genressourcen werden definiert als »genetisches Material (Populationen, Individuen, Pflanzenteile, Samen, Früchte) von Baum- und Straucharten mit tatsächlichem oder potenziellem Wert für eine nachhaltige multifunktionale Forstwirtschaft «. Im Wesentlichen werden der Schutz der Wälder und damit der Erhalt forstlicher Genressourcen von den einzelnen Bundesländern umgesetzt. Die hier angewandten Strategien und Aktivitäten werden in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe, der BLAG-FGR, abgestimmt.

Das Bundeswaldgesetz (BWaldG 1975) hat unter anderem den Zweck, den Wald wegen seines wirtschaftlichen und ökologischen Nutzens, insbesondere für die andauernde Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, zu erhalten. Hierfür ist eine hohe genetische Variabilität unerlässlich, folglich ist ihr Erhalt im Sinne dieses Gesetzes. Explizite Verweise auf genetische Aspekte finden sich zwar nicht im BWaldG, jedoch haben verschiedene Abschnitte, wie die Erhaltung (§9) oder die Bewirtschaftung (§11) des Waldes und die Erklärung zum Schutzwald (§12), direkte Effekte auf die forstgenetische Diversität.

Das Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG 2002) wurde vom Bundestag mit der Zustimmung des Bundesrats beschlossen und setzt die Richtlinie 1999/105/EG des Europäischen Rates über den Verkehr mit forstlichem Vermehrungsgut um. Das FoVG orientiert sich am BWaldG und hat den Zweck, »den Wald mit seinen vielfältigen positiven Wirkungen durch die Bereitstellung von hochwertigem und identitätsgesichertem forstlichen Vermehrungsgut in seiner genetischen Vielfalt zu erhalten und zu verbessern sowie die Forstwirtschaft und ihre Leistungsfähigkeit zu fördern«. Dem FoVG unterliegt die Erzeugung, das Inverkehrbringen und die Ein- und Ausfuhr von 26 Baumarten, der Hybridlärche und der Gattung Pappel.

Von weiteren 20 Baumarten in der Liste der genannten EU-Richtlinie sind keine Herkunftsgebiete in der Bundesrepublik ausgewiesen und somit keine gewerblichen Beerntungen möglich. Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG 2009) bildet die rechtliche Basis für Natur und Landschaft und ihren Schutz in Deutschland. Die drei zentralen Ziele des BNatSchG sind der Schutz der biologischen Vielfalt, der Erhalt der Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes einschließlich der Regenerationsfähigkeit und die Sicherung der Vielfalt und Eigenart von Natur und Landschaft.

Zur dauerhaften Sicherung der biologischen Vielfalt sollen laut BNatSchG lebensfähige Populationen wild lebender Tiere und Pflanzen einschließlich ihrer Lebensstätten erhalten und der Austausch zwischen Populationen sowie Wanderungen und Wiederbesiedelungen ermöglicht werden. Da genetische Diversität ein integraler Bestandteil der Biodiversität ist, wird ihr Schutz nur indirekt im Gesetzeszweck angeführt. Die Bedeutung des Erhalts forstlicher Genressourcen oder qualitativ hochwertigen Saatguts wird jedoch nicht explizit erwähnt. Die Wahrung genetischer Ressourcen wird mittels des BNatSchG also durch Flächen- oder Habitatschutz umgesetzt, insbesondere durch Biotopvernetzung. Auch wird mit diesem Gesetz die FFHRichtlinie der EU umgesetzt, die zu einem länderübergreifenden Schutz das Netz von Schutzgebieten Natura 2000 bildet.

BLAG-FGR: Wächter der forstlichen Diversität

Im Jahr 1985 wurde die Bund-Länder- Arbeitsgruppe »Forstliche Genressourcen und Forstsaatgutrecht« (BLAG-FGR) als Reaktion auf die massiven Waldschäden in den 1980er Jahren vom Bundesrat ins Leben gerufen. Im selben Jahr verabschiedete auch der Ministerrat der DDR eine Resolution zum Waldschutz, welche den Schutz forstgenetischer Ressourcen beinhaltete. Seit der Wiedervereinigung 1989 sind die alten und die neuen Bundesländer mit forstlichen Forschungszentren in der BLAG-FGR vertreten.

Diese Arbeitsgruppe wird ergänzt durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), durch das Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei (Thünen-Institut) und durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Diese halbjährlich zusammenkommende Arbeitsgruppe hat das Ziel, Strategien und Aktivitäten zu entwickeln, die dem Schutz und der nachhaltigen Nutzung forstgenetischer Ressourcen und dem Erhalt der Vielfalt der Baum- und Straucharten sowie der genetischen Variabilität der Arten und Populationen dienen. Weiterhin unterstützt und stärkt die BLAGFGR genetisches Monitoring sowie Forschung zur Anpassung von Waldökosystemen an den Klimawandel.

Für all diese Ziele wurde das »Konzept zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung forstlicher Genressourcen in der Bundesrepublik Deutschland« entwickelt, welches als Nationales FGR-Programm angesehen wird. Zusammen mit anderen Naturschutz-Programmen bildet es die Agrobiodiversitätsstrategie des BMEL, welche einen zentralen Beitrag zur Umsetzung der UN-Biodiversitätskonvention (CBD) darstellt.

Gen-Schutz – vor allem Ländersache

Arbeiter sammeln Samen von Bäumen ein. Ein Traktor fährt die gesammelten Samen weg.Zoombild vorhanden

Abb. 3: In Samenplantagen wird Saatgut höchster Qualität erzeugt. Samenplantagen versorgen Forstpflanzenzuchtbetriebe und Forstwirtschaft mit herkunftsgerechtem Saatgut. (Foto: M. Luckas, ASP)

Der Erhalt der forstgenetischen Ressourcen in Deutschland wird also eher indirekt durch verschiedene Gesetze oder explizit im FoVG geregelt. Der Schutz der Wälder und damit auch der Erhalt ihrer genetischen Ressourcen ist jedoch vor allem Ländersache und wird auf ganz unterschiedliche Arten umgesetzt. Im Landeswaldgesetz von Rheinland-Pfalz ist die Erhaltung der Genressourcen im Gesetzeszweck verankert, während die Sicherung der Genressourcen in Brandenburg unter dem Paragrafen für ordnungsgemäße Forstwirtschaft zu finden ist.

In Thüringen oder Mecklenburg-Vorpommern können Wälder einen Schutzstatus bekommen, wenn sie dem Erhalt lokaler Genressourcen dienen. In Hessen zählt der Schutz der Genressourcen satzungsgemäß zum Landesbetrieb Hessen-Forst. In Bayern spielt die Bewahrung der Genressourcen eine besonders wichtige Rolle. Die Bayerischen Verfassung fordert unter Artikel 141, die heimischen Tier und Pflanzenarten und ihre notwendigen Lebensräume zu schonen und zu erhalten. Im Gesetzeszweck des Bayerischen Waldgesetzes (BayWaldG) ist Erhalt und Erhöhung der Biodiversität des Waldes festgeschrieben.

Der Bayerische Ministerrat hat in enger Kooperation mit Grundeigentümern und -nutzern sowie unterschiedlichen Verbänden vor zehn Jahren die Bayerische Biodiversitätsstrategie mit dem Motto »Natur. Vielfalt. Bayern. « ins Leben gerufen. Man verständigte sich unter anderem darauf, die Artenund Sortenvielfalt zu sichern, vielfältige Lebensräume mit guter Vernetzung zu erhalten und die ökologische Durchlässigkeit in fragmentierter Landschaft zu erhöhen. Darauf aufbauend wurde im Jahr 2014 das ressortübergreifende Programm »Natur Vielfalt Bayern – Biodiversitätsprogramm Bayern 2030« beschlossen.

Außerdem gibt es das Bayerische Vertragsnaturschutzprogramm Wald (VNP Wald), was von den Waldbesitzern sehr gut angenommen wird. Hier gibt es Anreize, die biologische Diversität zu erhöhen, insbesondere in Natura 2000-Flächen. Im Bayerischen Erntezulassungsregister (EZR) sind derzeit circa 3.000 Bestände registriert, die der Gewinnung von forstlichem Vermehrungsgut dienen. Im Freistaat sind über 75.000 ha Wald und circa 60 Samenplantagen für Beerntungen zugelassen. Das alles dient nicht nur dem Erhalt der genetischen Vielfalt, sondern auch der Erzeugung von quellengesichertem forstlichem Vermehrungsgut von höchster Qualität.

Zusammenfassung

Wenn ein Wald gesund bleiben will, dann benötigt er starke Gene. Starke forstliche Genressourcen resultieren aus der großen Vielfalt, die Wald und Waldbäume durchaus zu bieten haben. Je größer die Vielfalt an Genen ist, umso höher ist die Auswahl für Natur und Wald, wenn sie sich auf bestimmte Umweltbedingungen einstellen müssen. Von zentraler Bedeutung ist dies gerade in der heutigen Zeit, wo auf den Wald durch den Klimawandel große Herausforderungen zukommen werden. Unterstützung findet der Wald hierbei von Forstwirtschaft und Politik, die mit rechtlichen Rahmenbedingungen als Leitplanken die Waldentwicklung in die richtigen Bahnen lenken sollen.

Literatur

  • BMELV (2011): German forests - Nature and economic factor. Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
  • LFU - Landesamt für Umwelt; aufgerufen am 24.1.2018
  • Schmidt, M.; Ewald, J.; Fischer, A.; Oheimb, G. v.; Kriebitzsch, W.-U.; Ellenberg, H.; Schmidt, W. (2003): Liste der Waldgefäßpflanzen Deutschlands. Mitteilungen der Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft, 212, S. 1–34

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