Forschungs- und Innovationsprojekt
Nährstoffnachhaltige Waldbewirtschaftung in Bayern (Projekt N 11)

Lkw mit Aufbau hackt Energieholzsortiment am Waldweg.

In der Forstwirtschaft kommt es bei Holzerntemaßnahmen je nach Verfahren zur Entnahme des kompletten Baumes mit all seinen unterschiedlichen Kompartimenten. Dies geschieht zum einen zum Schutz der Waldflächen vor Forstschädlingen wie dem Borkenkäfer, die sich in den sonst auf der Waldfläche verbleibenden Baumteilen vermehren können, zum anderen zur Maximierung der Erntemengen.

Dabei sollte jedoch nicht vergessen werden, dass die entnommene Biomasse Nährstoffe enthält, die dem Standort zur Nachlieferung nicht mehr zur Verfügung stehen.

Kurzbeschreibung

Grafik zur NährstoffnachhaltigkeitZoombild vorhanden

Abbildung 1: Nährstoffkreislauf Waldökosystem (Grafik: LWF)

Bei einer nährstoffnachhaltigen Waldbewirtschaftung ist darauf zu achten, dass den Waldflächen über die Biomasse lediglich so viele Nährstoffe entzogen werden, wie der Standort von sich aus nachliefern kann (Abbildung 1). Dies ist essenziell, um die Standortskraft einer Waldfläche zu erhalten und auch in Zukunft gute Zuwächse und stabile Ernteerträge zu erzielen.

Im Rahmen des Projekts werden flächendeckende Informationen zu Nährstoffverfügbarkeit und Nutzungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung von Prozessen der Nährstoffnachlieferung, des Nährstoffeintrages und Nährstoffverlusten für die vier Hauptbaumarten Fichte, Kiefer, Buche und Eiche erarbeitet. Dabei werden die für gängige waldbauliche Konzepte und arbeitstechnische Verfahren zu erwartenden Nährstoffentzüge errechnet und hinsichtlich ihrer Auswirkung auf die Waldstandorte beurteilt.

Nachlieferungsprozesse

Zu den Prozessen, die zu einer Zunahme der Nährstoffverfügbarkeit eines Waldstandortes führen, zählen die Mineralverwitterung von Ausgangsgestein im Boden und der Eintrag von Nährstoffen (Deposition) aus der Atmosphäre. Beide Prozesse werden im Projekt flächig auf Basis von realen Ausgangsdaten unter Zuhilfenahme eines geografischen Informationssystems (GIS) berechnet. Der Streufall der Bäume wird ebenfalls als Nährstoffnachlieferung erfasst.

Mineralverwitterung

Bei der Mineralverwitterung handelt es sich um die Freisetzung von Nährstoffen aus dem Festgestein des Bodens. Das Festgestein wird dabei natürlicherweise über chemische und physikalische Prozesse aufgelöst und die darin enthaltenen Nährstoffe in den Boden abgegeben, wo sie anschließend über die Wurzeln in die Bäume aufgenommen werden. Zur Berechnung der Mineralverwitterung werden im Projekt flächige Informationen zu Umweltparametern wie Niederschlag und Jahresdurchschnittstemperatur benötigt. Diese sowie Daten zur jeweiligen Bodenart werden einer Software zugeführt, welche dann die Mineralverwitterungsrate berechnet. Die Ergebnisse der Berechnungen lassen dann Aussagen zur Mineralverwitterung für alle bayerischen Waldstandorte zu.

Deposition
Bayernkarte mit unterschiedlichen Farben zur Deposition von Kalzium.Zoombild vorhanden

Abbildung 2: Kalziumdeposition für Bayern [kg/ha/Jahr]

Bei der Deposition handelt es sich um den Eintrag von in der Atmosphäre gelösten Nährstoffen auf den Boden. Dabei wird die Deposition in sogenannte Teildepositionen aufgeteilt, die für die Art und Weise stehen, wie sich die Nährstoffe genau aus der Atmosphäre niederschlagen. Bei der Nassdeposition handelt es sich um die Nährstoffe, die durch den Regen aus der Atmosphäre ausgewaschen werden, und auf diesem Wege in den Boden eingetragen werden. Die flächige Erfassung der Nassdeposition ist dabei über Daten von Umweltmessstationen möglich.

Bei der Trockendeposition handelt es sich hingegen um die Nährstoffe, die sich direkt aus der Atmosphäre auf dem Boden niederschlagen, oder durch die Kronen der Bäume „ausgekämmt“ werden. Die Erfassung der Trockendeposition ist sehr komplex und mit einem hohen Kostenaufwand verbunden. Aus diesem Grund wird im Projekt ein Verfahren angewendet, um die Trockendeposition aus der Nassdeposition über einen sogenannten Trockendepositionsfaktor (Draajers & Erisman 1995) zu berechnen.

Für die Berechnung wird eine große Anzahl von Umweltparametern benötigt, die dann gesammelt in eine abschließende Berechnung der Trockendeposition einfließen.

Durch die Addition der berechneten Teildepositionen ergeben sich flächige Informationen zu den Depositionsmengen auf den bayerischen Waldstandorten (Abbildung 2).

Nährstoffverluste

Bei den Prozessen, die zu Nährstoffverlusten führen, handelt es sich um sogenannte Sickerwasserverluste durch Auswaschung und Nährstoffentzüge durch Biomasseentnahme aufgrund von Holzerntemaßnahmen.

Sickerwasserverluste

Bei den Sickerwasserverlusten handelt es sich um Nährstoffe, die durch das versickernde Regenwasser auf seinem Weg ins Grundwasser ausgewaschen werden und dem Boden damit verloren gehen. Im Projekt werden Informationen zu den Sickerwasserverlusten für alle Waldstandorte Bayerns mit Hilfe von Niederschlags- und Bodendaten sowie der Software PROFILE zur Berechnung der Mineralverwitterung bereitgestellt.

Ernteentzüge/Nutzungsszenarien
An einem Waldweg lagernder Haufen von Kronenmaterial von Fichten.Zoombild vorhanden

Abbildung 3: Waldrestholz aus ganzen Fichtenkronen (Foto: M. Riebler, LWF)

Bei den Ernteentzügen handelt es sich um in der Biomasse gespeicherte Nährstoffe, die einem Waldstandort über Holzerntemaßnahmen entnommen wird. Die Menge an Nährstoffen, die dadurch entzogen wird, ist dabei in hohem Maße von den Baumkompartimenten abhängig, die dem Standort entnommen werden. Die Nährstoffkonzentrationen unterscheiden sich zwischen den jeweiligen Baumkompartimenten und Baumarten deutlich. Im Projekt werden die Gewichtsdimensionen der einzelnen Baumkompartimente über sogenannte Biomassefunktionen berechnet. Die Biomassefunktionen benötigen dafür lediglich einige wenige Baumparameter. Diese werden im Projekt bereitgestellt.

Für die Erfassung der über die Erntemaßnahmen entzogenen Nährstoffmengen benötigt man Informationen für die gesamte Umtriebszeit hinsichtlich Häufigkeit, Stärke und Holzaushaltung. Zudem spielt die Vorratsentwicklung im Bestand eine wichtige Rolle. Zusätzlich werden Informationen zu den dabei entnommenen Bäumen in Form von Baumparametern wie Höhe, Durchmesser und Kronenausformung benötigt. Da es in der Realität keine Informationen über alle Erntemaßnahmen und dabei entnommenen Bäume während einer Umtriebszeit gibt, müssen diese Daten möglichst realitätsnah nachgebildet werden.
Holzpolter für Energieholz lagert am Waldweg.Zoombild vorhanden

Abbildung 4: Energierundholz für Hackschnitzelbereitstellung (Foto: N. Hofmann, LWF)

Im Projekt wird deshalb der Waldwachstumssimulator SILVA 2.3 der Technischen Universität München genutzt, um das waldbauliche Handeln verschiedener praxisnaher und anerkannter Waldbaukonzepte zu simulieren. Diese variieren je nach Waldbesitzart und regionaler Bewirtschaftungstradition vorrangig in den Größen Entnahmemenge, Durchforstungsintervall und Umtriebszeit. Die Szenarien werden zudem den verschiedenen Wuchsbedingungen in Bayern angepasst. Der Waldwachstumssimulator liefert dabei auch die Baumparameter der entnommenen Bäume, wodurch die entnommenen Nährstoffmengen über Biomassefunktionen berechnet werden können.

Nährstoffbilanzierung

Grafik zur Nährstoffbilanzierung bei Waldhackschnitzelernte.Zoombild vorhanden

Abbildung 4: Nährstoffbilanzierung im Waldökosystem (Grafik: LWF)

Bei einer Nährstoffbilanzierung werden alle Nährstoffmengen die einem System zugeführt oder entzogen werden miteinander verrechnet, um eine Bilanz zu erhalten. Das Vorzeichen der Nährstoffbilanz lässt eine Aussage zu, ob gegenüber der nachgelieferten Menge mehr Nährstoffe entzogen werden oder umgekehrt. Im Falle eines negativen Vorzeichens sind die Nährstoffentzüge höher als die Nährstoffnachlieferungen im System.

Nachdem die Nährstoffmengen der Nachlieferungsprozesse und der Nährstoffverluste flächig für ganz Bayern berechnet wurden, werden diese nun miteinander verrechnet und eine Nährstoffbilanzierung durchgeführt (Abbildung 4). Wenn die Nährstoffbilanzierung für einen Waldstandort ein negatives Vorzeichen ergibt, so bedeutet dies, dass die Nährstoffentzüge die Nährstoffnachlieferung übersteigen und ein weniger intensives Nutzungsszenario verwendet werden sollte, um die standörtlichen Ressourcen zu schonen. Bei einem positiven Vorzeichen hingegen kann die Nutzungsintensität beibehalten oder sogar bemessen erhöht werden.

Veröffentlichung der Ergebnisse

Die abgeschlossenen Nährstoffbilanzierungen mit den verschiedenen Nutzungsszenarien werden in Form von bayernweiten Bilanzkarten in das Bayerische Wald-Informationssystem (BayWIS) eingebunden, welches den Beratungsförstern der Bayerischen Forstverwaltung flächendeckend zur Verfügung steht. Somit kann den Waldbesitzern eine fundierte Grundlage zur nährstoffnachhaltigen Waldbewirtschaftung zur Verfügung gestellt werden. Diese ermöglicht es, den jeweiligen Waldbesitzern in ihren Wäldern fundierte, standortbezogene Entscheidungen im Hinblick auf die Nutzungsintensität unter Berücksichtigung der Nährstoffnachhaltigkeit zu treffen. Das Projekt liefert dabei Hilfsmittel für ein neuartiges Nährstoffmanagement der Waldflächen in Bayern.

Projektinformationen
Projektleitung: Dr. Elke Dietz (Abt. 4), Dr. Hans-Joachim Klemmt (Abt. 2), Markus Riebler (Abt. 4)
Projektbearbeitung: Stephan Rimmele (Abt. 4), Dr. Matthias Jantsch (Abt. 2, bis Ende 2018)
Laufzeit: 01.01.2017 – 31.12.2021
Durchführende Institution: Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft, Abt. 2 Boden und Klima und Abt. 4 Forsttechnik, Betriebswirtschaft und Holz
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung Landwirtschaft und Forsten