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Simon Springer, Nico Frischbier und Franz Binder
Heute schon für morgen testen – LWF aktuell 123

Versuchsanbauten in ausgewählten warmen Regionen mit nichtheimischen Baumarten für den Wald der Zukunft

Sucht ein Unternehmen neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, so werden Stellenanzeigen geschaltet, Lebensläufe verglichen, Bewerbungsgespräche geführt oder sogar Assessment Center abgehalten. Diese Herangehensweisen fehlen uns Forstleuten, wenn wir Baumarten suchen, die unsere Wälder fit für den Klimawandel machen sollen. Denn wir können Bäume nicht befragen, wo sie selbst ihre Stärken sehen. Und doch: Folgt man dem Zitat von Friedrich Wilhelm Leopold Pfeil »Fraget die Bäume, wie sie wachsen. Sie werden euch besser belehren als Bücher es tun«, bleiben uns unter anderem als Ersatz für das Assessment Center bei Menschen bei nichtheimischen Baumarten die Versuchsanbauten.

Bereits vor Jahrzehnten und Jahrhunderten haben sich Forstwissenschaftler in fernen Ländern damals aus wirtschaftlichen Gründen nach nichtheimischen Baumarten umgesehen. Heute sind wir auf der Suche nach nichtheimischen Baumarten, die bereits heute in Regionen wachsen, die unserem Klima von morgen entsprechen.

Während in der Arbeitswelt – um bei den Bildern des Personalmanagements zu bleiben – eine Probezeit von höchstens sechs Monaten vorgesehen ist, um den neuen Mitarbeiter kennenzulernen, dauert es bei den Baumarten Jahrzehnte, bis wir erkennen und wissenschaftlich belegen können, ob die Entscheidung auf den richtigen Kandidaten gefallen ist. Um den Waldbesitzern in seiner Suche nach Baumarten der Zukunft zu unterstützen, werden schon jetzt nichtheimische Baumarten auf ihre Anbaufähigkeit in unseren Wäldern auf bereits besonders trocken-warmen Standorten in auf Dauer angelegten Versuchanbauten getestet.

Die warmen und relativ trockenen Jahre 2016, 2017 und 2018 haben den Waldbesitzern vor Augen geführt, dass sich in manchen Teilen Bayerns das Klima zukünftig so drastisch verändern könnte, dass ein Großteil der heimischen Baumarten mit in der Vergangenheit niedrigem Anbaurisiko verloren gehen könnte. Immer mehr heimische Baumarten kommen bei Bedingungen wie im Sommer 2018 unmittelbar an ihre Grenzen und sterben ab oder erleiden Folgeschäden.

Von 1881 bis 2014 stieg die Temperatur in Deutschland im Jahresdurchschnitt um 1,3 °C an. Während die Niederschlagsmenge im Winter im gleichen Zeitraum deutlich zugenommen hat, ist sie im Sommer leicht zurückgegangen (Kaspar & Mächel 2017). Witterungsextreme häufen sich. Allerdings ist davon auszugehen, dass unsere Wälder in der Zukunft vor noch extremere Herausforderungen gestellt werden könnten, wenn Klimaschutz auf globaler Skala nicht ernsthaft betrieben wird. Dieser klimatische Wandel wird zwangsläufig die Zusammensetzung der Wälder verändern (Kölling & Zimmermann 2007; Kölling 2014).

Suche nach nichtheimischen »Baumarten im Klimawandel«

ForstbaumpflanzungZoombild vorhanden

Abb. 1: Versuchsfläche in Großostheim im Jahr 2015 (Foto: P. Dimke)

Schaut man über Bayern hinaus, findet man weltweit Regionen, die mit ihrem heutigen Klima unserem Klima der Zukunft entsprechen könnten. Dort vorkommende Baumarten wären auf den ersten Blick gute Alternativen, um die heimische Baumartenpalette zu ergänzen. Allerdings ist die Auswahl nicht so einfach wie sie scheint. Denn nicht alle Baumarten, die mit warmen und trockenen Jahren gut zurechtkommen, vertragen gleichzeitig kalte Winter mit Frostperioden. Einigen hoffnungsvollen Kandidaten fehlt der holzwirtschaftliche Wert oder die Integrationsfähigkeit in heimische Ökosysteme. Welche Baumarten gute Chancen in Bayerns Wälder der Zukunft haben könnten, erforscht ein aktuell laufender Versuch, der länderübergreifend nichtheimische Baumarten untersucht. Diese nichtheimischen Baumarten sollen das bestehende Baumarten-Portfolio ergänzen und somit das Anbaurisiko auf mehrere Schultern verteilen.

Ein gutes Beispiel, wie sich das Anbaurisiko einer Baumart mit sich ändernden klimatischen Bedingungen verändert, ist unser Brotbaum – die Fichte. Geschwächt durch Hitze und Trockenheit, Schneebruch und Feinwurzelabrisse wird sie zunehmend ein Opfer der Fichtenborkenkäfer. An der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) wurde mit Unterstützung des Amtes für Waldgenetik (AWG) bereits vor mehreren Jahren mit Hilfe eines Drei-Filter- Verfahrens nach nichtheimischen Baumarten gesucht (Schmiedinger et al. 2009), die mit dem Klima der Zukunft gut zurechtkommen sollten.

In einem 2012 gestarteten Langzeitexperiment sind bis zu sechs verschiedene nichtheimische Baumarten an fünf unterschiedlichen Standorten in Deutschland, Österreich und der Schweiz angebaut worden, um deren Eignung für den Praxisanbau zu prüfen. Dabei handelt es sich unter anderen um die Türkische Tanne (Abies bornmuelleriana), die Orientbuche (Fagus orientalis), die Westliche Hemlocktanne (Tsuga heterophylla) und die Silberlinde (Tilia tomentosa), die aus der Suche zuvor (Schmiedinger et al. 2009) ausgewählt wurden und auf allen Versuchsflächen gepflanzt wurden.

Ergänzt wurden diese Baumarten auf vier Flächen um die Libanonzeder (Cedrus libani). Als heimische Vergleichsbaumart wurde in Bayern die Stieleiche (Quercus robur) gewählt, in Thüringen und in der Schweiz die Traubeneiche (Quercus petraea) sowie die Schwarzkiefer (Pinus nigra) in Österreich. Das Saatgut für die Versuchsanbauten stammt von autochthonen Beständen im Herkunftsgebiet und wurde in Süddeutschland angezogen.

Versuchsflächen

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Abb. 2: 7-jährige Silberlinden auf der Versuchsfläche Schmellenhof (Foto: P. Dimke)

Die Versuchsflächen sollen die Bandbreite der klimatischen Bedingungen in Mitteleuropa widerspiegeln. Die Waldböden sind carbonatfrei, reichen von gut durchlüftet bis hin zu hydromorph und haben eine Durchwurzelungstiefe von 65–115 cm. In Deutschland gibt es drei verschiedene Standorte, zwei in Bayern (Großostheim und Schmellenhof) und einen in Thüringen (Oldisleben). Ein Versuchsstandort liegt in Österreich (Bruckneudorf) und ein weiterer in der Schweiz (Mutrux).

Die potenziellen natürlichen Waldgesellschaften der einzelnen Standorte wären zum einen von Buchen und zum anderen von Eichen dominierte Gesellschaften. Die Temperatur- und Niederschlagswerte für die Versuchsflächen stammen von nahegelegenen Klimastationen. Die Durchschnittstemperatur der Jahre 1981–2010 liegt für die fünf Flächen zwischen 7,9 und 10,4 °C. Die Vegetationslänge hat zwischen den Standorten eine Differenz von 44 Tagen und der durchschnittliche Jahresniederschlag variiert zwischen 500 und 1.150 mm/Jahr.

Pro Versuchsstandort wurden in der Regel sieben verschiedene Baumarten (sechs nichtheimische und eine heimische Referenzbaumart) mit jeweils drei Wiederholungen gepflanzt. Somit sind an jedem der Standorte pro Baumart drei Teilflächen gepflanzt worden. Bei den sieben verschiedenen Baumarten ergibt dies insgesamt 21 Teilflächen. In jeder Teilfläche wurden ab Herbst 2012 jeweils 17 x 17 Pflanzplätze angelegt. Der Pflanzverband für die Flächen wurde auf 2 x 2 m festgelegt, dies entspricht 289 Pflanzen pro Baumart.

Jede Versuchsfläche hat dabei eine sog. Kernzone mit 26 x 26 m (13 x 13 = 169 Bäume) für einen längerfristigen Wachstums- und Ertragsversuch und einen Pufferstreifen von 8 m Breite (120 Bäume), um zwischenartliche Konkurrenz zu vermeiden und eine spätere waldwachstumskundliche Untersuchung der Kernzone zu ermöglichen. Um zusätzliche Einflüsse durch den angrenzenden Altbestand zu vermeiden, sollte um jede Versuchsfläche ein zusätzlicher Pufferstreifen von 20 m angelegt werden. Eine Begleitwuchsregulierung fand auf den Flächen, falls nötig, ein- bis max. zweimal im Jahr statt. Die Pflanzen waren je nach Baumart zwischen ein (Eiche) und vier Jahre (Tanne) alt. Es wurden sowohl wurzelnackte Pflanzen als auch Ballenpflanzen verwendet. Es handelt sich um Kahlschläge.

Datenerfassung

Beginnend mit dem Frühjahr 2013 wurde mindestens einmal im Jahr, in Bayern und Thüringen sogar zweimal, auf den einzelnen Versuchsflächen die Mortalität der Pflanzen registriert. In den ersten vier Jahren wurden somit alle vorhandenen Pflanzen vier- bis achtmal aufgenommen. Für die Untersuchung der Überlebensraten wurden die Gesamtflächen einer jeden Baumart und nicht nur die KernzoHerne aufgenommen, da in den ersten vier Jahren noch keine Randeffekte zwischen den Teilflächen zu erwarten waren.

Im Folgenden werden die Ergebnisse der drei Flächen in Bayern und Thüringen vorgestellt, da nur hier sowohl im Frühjahr als auch im Herbst die Vitalität erhoben wurde.

Überlebensprozente

Über alle Baumarten hinweg sind in den ersten zwei Jahren im Vergleich zu den Folgejahren die Ausfälle am höchsten. Allerdings unterscheiden sich die Überlebensprozente je nach Baumart und Standort. Am wenigsten wirkt sich der Standortsunterschied zwischen den Versuchsflächen bei der Zeder aus, am stärksten bei der Orientbuche. Hohe Ausfälle auf allen drei Standorten finden sich bei der Tanne und Zeder. Im Vergleich der Baumarten weisen Silberlinde und heimischen Eichen noch hohe Überlebensraten auf. Bereits nach dem ersten Winter sind die Ausfälle im Sommerhalbjahr und Winterhalbjahr fast auf dem gleichen Niveau.
Blaue, grüne und rote fallende Linie im Diagramm

Abb. 3: Türkische Tanne

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Abb. 4: Libanonzeder

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Abb. 5: Silberlinde

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Abb. 6: Orientbuche

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Abb. 7: Trauben- /Stieleiche

Türkische Tanne

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Abb. 8: Türkische Tanne (Abies bornmuelleriana) (Foto: P. Dimke)

Die als Hybrid zwischen Abies nordmanniana und Abies cephalonica hervorgegangene Türkische Tanne (Syn.: Bornmüllers Tanne, Abies bornmuelleriana) hat eine ausgesprochene Trockenheitstoleranz und erträgt gleichzeitig Fröste bis –18 Grad. Die natürlicherweise im Nordwesten der Türkei beheimatete Tanne wird in den dort vorkommenden Waldgesellschaften oftmals von Orientbuche, Wald- und Schwarzkiefer sowie Eiche begleitet (Roloff et al. 2018).

Die Türkische Tanne bevorzugt tiefgründige, gut drainierte und nährstoffreiche Böden. Die Tannenarten gelten generell als viel Schatten ertragende Baumarten, dies gilt auch für die Türkische Tanne. Sie ist sehr gut im Zuge eines Femelhiebs in Bestände einzubringen. Auf den Versuchsflächen sind die Tannen auf Freiflächen gepflanzt worden. Dies könnte die zunächst hohen Ausfälle in den ersten 1 bis 1½ Jahren nach Versuchsanlage erklären.

Generell ist aber festzustellen, dass sich nach den anfänglich teilweise sogar hohen Ausfallraten die Überlebenswahrscheinlichkeit dieser Baumart stabilisiert und ab dem zweiten Jahr die Individuenzahl eher gleichbleibend ist. Letztendlich haben am Standort Oldisleben von den ursprünglich 289 gepflanzten Tannen im Durchschnitt 80 Stück überlebt. Dies entspricht einer Überlebensrate von 28 %. Die höchsten Überlebensraten sind am Standort Schmellenhof zu verzeichnen gewesen. Hier haben 54 % der Pflanzen überlebt. Im Vergleich dazu waren es am Standort Großostheim 37 % der ursprünglich gepflanzten Tannen.

Im direkten bayerischen Vergleich unterscheidet vor allem der Boden die Standorte Schmellenhof und Großostheim voneinander, da die Versuchsfläche in Schmellenhof auf Pseudogley angelegt wurde. Die Erklärung für die höheren Ausfälle am Versuchsstandort Großostheim im Vergleich zu Schmellenhof könnte die fehlende Hangneigung in Kombination mit der Freiflächensituation sein. Die Fläche in Schmellenhof hat eine leichte Hanglage, was die Anfälligkeit für Spätfrost durch Kaltluftabfluss reduziert.

Libanonzeder

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Abb. 9: Libanonzeder (Cedrus libani) (Foto: P. Dimke)

Grundsätzlich zeichnet sich die Libanonzeder durch ihre hohe Toleranz gegenüber Sommertrockenheit und gleichzeitiger Toleranz gegen kalte Winter aus (Kältetoleranz: –35 °C). Sie gilt daher als potenzielle Baumart zur Anpassung unserer Wälder an den Klimawandel. Ihre natürliche Verbreitung liegt in der Türkei, im Libanon und in Syrien.

Ein optimales Wachstum zeigt diese Baumart bei einem jährlichen Niederschlag von 600–1.200 mm und einer durchschnittlichen Temperatur von 6–12 °C. Die Niederschläge können dabei auch vermehrt im Winterhalbjahr vorkommen. In ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet kommt die Libanonzeder in Mischung mit Kiefer, Eiche und Tanne oder als Reinbestand vor. Außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets ist die Libanonzeder aktuell in Italien oder den Mittelgebirgslagen Frankreichs vorzufinden (de Avila et al. 2017).

Sie kommt hauptsächlich auf kalkhaltigen und stickstoffreichen, lehmigen oder feinsandigen Böden vor, hat aber eine hohe Variabilität, was den Boden pH-Wert betrifft. Hohe Ausfälle verzeichnet die Libanonzeder dagegen auf flachgründigen Standorten. Bei der Bestandesbegründung empfiehlt sich laut Literatur die Verwendung zweijähriger Pflanzen. Die Libanonzeder unterliegt dem Forstlichen Vermehrungsgutgesetz (FoVG). Bisherige Anbauerfahrungen in Baden-Württemberg zeigen, dass die Herkünfte aus der Türkei besser wachsen als jene aus dem Libanon. Das Holz ist vielfältig als Bau-, Tischler- und Möbelholz zu verwenden und hat eine hohe Verwitterungsbeständigkeit.

Im Vergleich zu Türkischer Tanne sind die Unterschiede bei den Ergebnissen der Libanonzeder zwischen den Versuchsstandorten weniger groß. Aber auch hier sind vor allem in den ersten 1 bis 1 ½ Jahren große Ausfälle zu erkennen. Danach pendeln sich die durchschnittlichen Überlebensraten für alle drei Standorte schließlich bei 31 bzw. 34 % ein.

Orientbuche

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Abb. 10: Fagus orientalis (Foto: P. Dimke)

Die Orientbuche gilt in Kleinasien als die wüchsigste und forstwirtschaftlich bedeutendste Baumart, mit einer ausgesprochenen Schattentoleranz. In humiden Regionen benötigt die Orientbuche mindestens 500 mm Niederschlag im Jahr, in sommertrockenen Gebieten sind es rund 600 mm Niederschlag. Solange sie ihr Laub trägt, hat die Orientbuche lediglich eine Frosttoleranz von –5 °C. Die natürliche Verjüngung der Orientbuche kann gut durch waldbauliche Eingriffe gesteuert werden. Ältere Untersuchungen belegen, dass die Orientbuche vermutlich schon länger in heimische Buchenbestände mit eingemischt wurde (Burckhardt 1956; Seyer 1951).

Während die Überlebensrate der Orientbuche auf den Versuchsstandorten Oldisleben und Großostheim bei über 80 % lag, waren die Ausfällen am Standort Schmellenhof deutlich größer. Wir führen das auf den wechselfeuchten Standort mit seinem zeitweiligen Wasserüberschuss zurück, mit dem die Orientbuche erhebliche Schwierigkeiten hat. Zwar blieben die Ausfälle ab dem 3. Jahr nahezu unverändert, allerdings waren zu diesem Zeitpunkt bereits über 70 % der jungen Buchen in Schmellenhof ausgefallen.

Silberlinde

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Abb. 11: Silberlinde (Tilia tomentosa) (Foto: P. Dimke)

Als eine der drei natürlich in Europa vorkommenden Lindenarten könnte die Silberlinde aufgrund ihrer Toleranz gegenüber Hitze, Sommertrockenheit und Frost eine Erweiterung der heimischen Baumartenpalette im Klimawandel darstellen. Die mittleren jährlichen Niederschläge im Hauptverbreitungsgebiet der Silberlinde liegen bei 500 bis 650 mm Niederschlag, die Jahresmitteltemperatur liegt dort bei 10 bis 11,5 °C – also Klimabedingungen, wie sie für Bayern im Jahr 2100 zu erwarten sind. Die Silberlinde bevorzugt fruchtbare, wenig saure oder neutrale Mineralböden und zeigt ein Wuchspotenzial ähnlich unserer heimischen Lindenarten (Binder 2015).
Im Gegensatz zu den anderen nichtheimischen Baumarten halten die Ausfälle der Silberlinde über die vier Versuchsjahre hinweg immer noch leicht an und stagnieren nicht. Nichtsdestotrotz zeigt sie höhere Überlebensraten im Vergleich zu Libanonzeder und Türkischer Tanne.

Trauben- und Stieleiche

Junge StieleicheZoombild vorhanden

Abb. 12: Stieleiche (Quercus robur) (Foto: P. Dimke)

Die drei Referenzflächen zeigen zum einen die gute Angepasstheit heimischer Herkünfte an unsere klimatischen und standörtlichen Bedingungen, da vor allem in Oldisleben und Großostheim die Ausfälle sehr gering ausgefallen sind. Allerdings ist in Großostheim und Schmellenhof auch zu sehen, dass generell bei Aufforstungen in den ersten zwei Jahren mit Ausfällen gerechnet werden muss und dies kein Phänomen ist, welches nur bei nichtheimischen Baumarten auftritt.

An allen drei Standorten ist zu erkennen, dass nach spätestens 2½ Jahren die Ausfälle der Referenzbaumarten sehr gering sind und die Pflanzen Fuß gefasst haben.

Schlussfolgerungen

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Abb. 13: Der Blick über die Versuchsfläche Schmellenhof im Februar 2017 verdeutlicht die für die Versuchspflanzen schwierige Freiflächensituation. (Foto: P. Dimke)

Die Untersuchungen zeigen, dass die Suche nach nichtheimischen Baumarten, die wir bereits unter den heutigen klimatischen Bedingungen anbauen können, nicht leicht ist. Grundsätzlich können nach vier Jahren zwar Aussagen über die Anwuchswahrscheinlichkeit getroffen werden, aber wie sich diese Baumarten in den folgenden Jahren entwickeln werden, ist noch unklar.

Umso wichtiger ist es, Anbauversuche langfristig zu beobachten, um einen möglichst hohe Aussagekraft zu ihrem Wuchspotenzial und ihrer Leistungsfähigkeit auf unseren Standorten gewinnen. Gleichzeitig sollten weitere Anbauflächen mit nichtheimischen Baumarten angelegt werden, um die Baumartenpalette in unseren Wäldern stetig zu erweitern. Hierbei ist die ertragskundliche Herangehensweise nicht grundsätzlich zielführend, bei Anlage von Anbauversuchen auf möglichst homogene Umgebungungsbedingungen zu achten, zum Beispiel gleiche Lichtverhältnisse auf den Anbauflächen, da sie den Arteigenschaften mancher Baumarten nicht gerecht wird.

So treten auf unseren ca. 2 ha großen Freiflächen Spätfrostschäden an der Türkischen Tanne auf, die den Kulturerfolg beeinträchtigen. Dies ist einer der Gründe, warum die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft beim Thema nichtheimische Baumarten neben den klassischen Versuchsanbauten ein neues System entwickeln will, um solche Baumarten in Zukunft auch unter praxisnahen Bedingungen zu testen.

Dabei sind dann allerdings zwei Versuchsstandorte für ganz Bayern nicht mehr ausreichend. Diese Praxisanbauversuche sollen auf kleinerer Fläche, dafür aber in großer Anzahl über ganz Bayern verteilt angelegt werden, um eine möglichst große Standortsvielfalt abzudecken. Auf diese Art und Weise können weitere Erfahrungen und Ergebnisse für nichtheimische Baumarten gesammelt werden (Janßen et al. 2019).

Zusammenfassung

Die vorgestellten nichtheimischen Baumarten Türkische Tanne, Orientbuche, westliche Hemlocktanne, Silberlinde, Libanonzeder sowie die heimischen Baumarten Stieleiche und Traubeneiche unterscheiden sich in den Überlebensprozenten. Die Eichen sowie die Orientbuche und die Silberlinde weisen in den ersten zwei Jahren nach der Pflanzung höhere Überlebensprozente aus, im Vergleich zur Türkischen Tanne und der Libanonzeder. Wodurch diese Ausfälle verursacht wurden, ist nicht eindeutig festzustellen.

In Betracht kommen beispielsweise die Pflanzenqualität, ein nicht ausgeglichenes Spross-Wurzelverhältnis oder auch fehlende Mykorrhiza-Pilze. An der Anzuchtmethode – wurzelnackte Pflanzen oder Containerpflanzen – allein kann es nicht liegen, denn die Türkische Tanne wurde als Containerpflanze ausgebracht und zeigt trotzdem sehr hohe Ausfälle in den ersten beiden Jahren. Dies könnte auf Mäusefraß, Spätfrostschäden oder einfach auf eine nicht standortsgemäße Baumart zurückzuführen sein. Im dritten und vierten Standjahr gehen die Ausfälle bei allen Baumarten zurück.

Dank

Wir bedanken uns recht herzlich für die Unterstützung bei unseren Kollegen aus der Schweiz, Dr. Peter Brang und Dr. Petia Nikolova (beide WSL), sowie bei Prof. Dr. Raphael Klumpp aus Österreich (BOKU Wien), die als Projektpartner aktiv eingebunden sind und in ihren Ländern eigene Versuchsflächen angelegt haben und betreuen, so dass ein einheitliches Netz an fünf Versuchsflächen in Mitteleuropa angelegt werden konnte. Dr. Gregor Aas (Uni Bayreuth) und Dr. Bernd Stimm (TU München) haben das Projekt von Anfang an begleitet und fachlich unterstützt.

Link

Literatur
  • Ata, C. (1995): Abies nordmanniana. In: Enzyklopädie der Holzgewächse, 2. EL 10/95
  • Bachmann, M.; Konnert, M.; Schmiedinger, A. (2009): Vielfalt schaffen, Risiko verringern – Gastbaumarten als Alternativen zur Fichte. LWF Wissen 63, S. 22–30
  • Binder, F. (2015): Silberlinde – Baumart mit Chancen im Klimawandel. AFZ-DerWald 16, S. 23–27
  • Burckhardt (1956): Erfahrungen mit der Orientalischen Buche »Fagus orientalis Lipsky« als Unterbaumholzart in Kiefernbeständen. Allg. Forst-Ztg 11, S. 238–239
  • de Avila Angela, L.; Albrecht, A. (2017): Alternative Baumarten im Klimawandel: Artensteckbriefe – eine Stoffsammlung. Hrsg: Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA)
  • Janßen, A.; Seho, M.; Schirmer, R.; Tretter, S. Pratsch, S. (2019): Praxisanbauversuche: Bewertung alternativer Baumarten in Bayern. AFZ-DerWald 5, S. 24–27
  • Kaspar, F.; Mächel, H. (2017): Beobachtungen von Klima und Klimawandel in Mitteleuropa und Deutschland. In: Brasseur, Jacob, Schuck-Zöller (Hrsg.) Klimawandel in Deutschland, Entwicklung, Folgen, Risiken und Perspektiven. Springer, Berlin Heidelberg
  • Kölling, C. (2014): Wälder im Klimawandel: Die Forstwirtschaft muss sich anpassen. In: Lozán, Grassl, Karbe & Jendritzky (Hrsg.). Warnsignal Klima: Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen.
  • Kölling, C.; Zimmermann, L. (2007): Die Anfälligkeit der Wälder Deutschlands gegenüber Klimawandel. Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft (67/6), S. 259–268
  • Roloff, A.; Weisgerber, H; Lang, U. M.; Stimm, B. (2018): Enzyklopädie der Holzgewächse
  • Schmiedinger, A.; Bachmann, M.; Kölling, C.; Schirmer, R. (2009): Verfahren zur Auswahl von Baumarten für Anbauversuche vor dem Hintergrund des Klimawandels. Forstarchiv 80, S. 15–22
  • Seyer, H. (1951): Fagus orientalis Lipsky, ein neuer Brotbaum Deutschlands? Forst Holz 6: S. 122–125

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