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Peter Hagemann
Die Vögel in meinem Garten - LWF aktuell 125

25 plus eins Jahre »privates« Vogelmonitoring aus Lichtenfels-Trieb

Wie jedes Jahr im Mai startete auch im Jahr 2019 wieder die tolle Aktion des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) »Stunde der Gartenvögel«. Das – und ein zum Glück verregneter Sonntag – haben mich dazu veranlasst, einmal die Ergebnisse meines »privaten Gartenvogelmonitorings« auszuwerten.

Ein Mann kniet neben einem LuxusvogelfutterhausZoombild vorhanden

Abb. 1: Peter Hagemann in seinem Garten (Foto: Anne-Nikolin Hagemann)

1994 sind wir in Lichtenfels-Trieb in Oberfranken in das Forsthaus mit seinem 1.400 Quadratmeter großen Garten eingezogen. Mit dem Wunsch, meiner damals vierjährigen Tochter naturwissenschaftliches Arbeiten näher zu bringen, haben wir dann in jedem Jahr die Vögel in unserem Garten aufgelistet.

Alle, die dort brüten, nach Nahrung oder Nistmaterial suchen, balzen, rasten, singen, jagen. Alle, die wir eindeutig gesehen oder gehört oder deren Nester wir beim Reinigen der Nistkästen bestimmt haben, wurden Jahr für Jahr in einem Büchlein notiert. Heute ist meine Tochter keine Biologin, sondern eine erfolgreiche Journalistin, kennt aber immer noch alles, »was da kreucht und fleucht«. Und unser Garten und ich sind 25 Jahre und über 60 Vogelarten weiter.

Ein »Garten Eden« für Tiere und Pflanzen

Eine junge Frau steht auf einer Leiter, ein älterer Mann daneben. Gemeinsam schauen sie in LaubwerkZoombild vorhanden

Abb. 2: Auch nach 25 Jahren noch ein enges Vogelmonitoring- Team: Peter Hagemann mit seiner Tochter Anne-Nikolin (Foto: P. Hagemann)

Fasziniert an unserem Grundstück hat uns von Anfang an die Vielzahl der ökologischen Strukturen – Voraussetzung für ein dichtes Nebeneinander unterschiedlicher Tier- und Pflanzenarten. Das Gebot »Artenvielfalt durch Strukturvielfalt«, eine der wichtigsten meiner beruflichen Aufgaben bei den Bayerischen Staatsforsten, sollte auch für unseren Garten gelten. Zum Glück war auch mein Vorgänger im Haus ein Förster, der mit alten Obstbäumen und einem naturnahen Gartenteich bereits wichtige Grundlagen gelegt hatte.

Zuletzt hatte er den ehemaligen Uferbereich zu einer dichten Schilfwand und Sträucher und Bäume zu einem teils verwobenen Dickicht wachsen lassen. Und so wurde es dem seltenen Trauerschnäpper, den wir im ersten Jahr noch erfolgreich brütend vorfanden, dann leider wohl durch unsere »ordnenden« Durchforstungsarbeiten zu unruhig. Er zog in den nahen Staatswald um.

Kampf um die attraktivsten Wohnungen

Ein Mann steht auf einer Leiter und arbeitet an einem Nistkasten an einer HauswandZoombild vorhanden

Abb. 3: Für seine gefiederten Freunde steigt Peter Hagemann schon das eine oder andere Mal auf die hohe Leiter (Foto: P. Hagemann)

Vielen anderen Vogelarten kamen aber die vorhandenen und die in den folgenden Jahren geschaffenen Strukturen offensichtlich entgegen: Natürliche Höhlen, die sich von selbst in stehengelassenen toten Stämmen und Ästen von Apfelbäumen und Holundern bildeten, sollten eigentlich die zehn künstlichen Nisthilfen auf dem Grundstück nach und nach ersetzen. Feld- und Haussperling, Kleiber, Kohl- und Blaumeise bezogen sie allerdings zusätzlich und konkurrieren dabei jährlich mit Hornissen, Waldmäusen und dem Siebenschläfer.

Spannend gestaltet sich dabei in jedem Frühjahr die Verteilung der besten Höhlen. Im März vor zwei Jahren hat dabei ein Kleiberpaar erstmals zu drastischen Mitteln gegriffen: Das Loch des Starenkastens wurde kurzerhand kleiner verklebt, so dass ich für die ausgesperrten Stare einen neuen Kasten anbringen musste, der dann aber erfolgreich vom Starenpaar akzeptiert wurde.

Im Efeu-Mantel

Der kleinräumige Wechsel zwischen jungen und alten Laub- und Nadelgehölzen, dazu viele Nischen an Haus und Nebengebäude und zusätzlich viele Kletter- und Schlingpflanzen an Mauern und Bäumen ermöglichten bis heute 17 verschiedenen Vogelarten erfolgreiche Bruten, zehn davon inzwischen in jedem Jahr. Als besonderer »Renner« hat sich dabei über die Jahre unser alter Birnbaum mit seinem »Mantel« aus dichtem Efeu erwiesen. Hier brüten regelmäßig Amsel, Mönchsgrasmücke und entweder die Türken- oder die Ringeltaube gleichzeitig auf engstem Raum.
Nistkasten an Hauswand

Abb. 4: Untermieter (Foto: P. Hagemann)

Höhle in einem Hollunderstamm

Abb. 5: Der alte Holunder (Foto: P. Hagemann)

Birmbaumstamm ummantelt mit Efeu

Abb. 6: Birnbaum mit Efeu (Foto: P. Hagemann)

Nahrungsspender im Sommer wie im Winter

Zwei Nistkästen an einem BaumZoombild vorhanden

Abb. 7: Die Stare wohnen nach Entmietung durch die Kleiber jetzt ein Stockwerk höher. (Foto: P. Hagemann)

Noch länger als die Liste der Brutvögel ist die der Nahrungsgäste. Hier locken neben den Früchten von Sträuchern und Bäumen und den Insekten unter der Rinde der älteren und toten Bäume sicher auch die Würmer im Herbstlaub, die Walnüsse und das Fallobst. Das alles lassen wir liegen, wo immer und solange wie möglich. Neben den Brutvögeln bedienen sich hier zahlreiche Vogelarten, die unseren Garten – mit vollem Recht – als festen Teil ihres Lebensraums betrachten.

Diese Liste ist dank der Vernetzung unseres Gartens mit angrenzenden Heckenstrukturen der Nachbarn, nahen landwirtschaftlichen Stilllegungsflächen und dem Wald in Sichtweite am längsten. Ein echter Saisongast ist dabei der Tannenhäher, der in jedem Herbst gezielt nach Haselnüssen und hängen gebliebenem »Trockenobst « sucht.

Ein besonderes Schauspiel bietet sich an wenigen Tagen im Sommer, wenn die Ameisen aus den Fugen unserer Gartenwege und den Ritzen der Holzverkleidungen wie auf ein geheimes Zeichen gleichzeitig zu Millionen zu ihrem Hochzeitsflug starten: Dann kommen Scharen von Mauerseglern, Mehl- und Rauchschwalben und beginnen mit halsbrecherischen Flugmanövern bis kurz über dem Boden ihre gemeinsame Jagd.

Eine Besonderheit stellen gelegentliche Gäste dar, die bisher »nur einmal vorbeischauen«. Dabei hätten die Weißstörche, die einmal meine Nisthilfe in Form eines auf den First montierten Wagenrades inspiziert haben, gerne bleiben können. Auf den bis jetzt zweimaligen Besuch des Habichts, der jedes Mal einem unserer Hühner das Leben kostete, hätten wir dagegen gerne verzichtet.
In den Wintern bereichern noch als Gäste aus dem Norden Haubenmeisen, Bergfinken, Goldhähnchen und einmal einige Seidenschwänze die »Stammbelegschaft « an den Futterstellen. Und weil unser Garten einen Ausblick auf das Obermaintal – eine der wichtigsten europäischen Vogelzugrouten – hat, sind wir manchmal auch Rastplatz für Zugvögel:

Pirole, Nachtigallen, Grauspechte waren dabei in kleinen Gruppen da, der unverträgliche Kuckuck nutzt jährlich um den 1. Mai herum unsere Eiche als höchsten Punkt für seine Solostrophen. Eine kleine »Sensation« war aber für uns zuletzt ein Ziegenmelker, der Anfang Mai 2018 in der Dämmerung über den artenreichen Staudenbeeten meiner Frau nach Insekten jagte. Zufällig beim Beobachten dabei: Meine Tochter.
Blaumeise auf Ast

Abb. 8: Blaumeise (Foto: LBV)

Feldsperling auf Zaunpfahl

Abb 9: Feldsperling (Foto: LBV)

Pirol auf Kirschbaumast

Abb. 10: Pirol (Foto: LBV)

Stieglitz

Abb. 11: Stieglitz (Foto: LBV)

Gartenrotschwanz mit Raupe im Schnabel auf einem Ast

Abb. 12: Gartenrotschwanz (Foto: LBV)

Der Wandel – mit guten und weniger guten Seiten

Gab es jetzt eigentlich über die 26 Jahre signifikante Verschiebungen in der Artenzusammensetzung? – Nicht in der Vielfalt: Außer dem Trauerschnäpper, der in den Wald umzog, haben wir keinen Vogel »verloren«. Ganz im Gegenteil. Durch die Schaffung zusätzlicher Strukturen haben wir viele Arten dauerhaft hinzugewonnen.

Die jetzt regelmäßige Anwesenheit von Stieglitzen, Girlitzen und Goldammern – vielleicht auch der Besuch des Ziegenmelkers – könnte mit der Klimaerwärmung zusammenhängen, sicher aber auch mit dem zunehmenden Strukturverlust in der landwirtschaftlichen Flur. Der Garten als letzter Rückzugsraum? Kein wirklich beruhigender Gedanke.

Vielleicht kosten uns die Klimaveränderungen mittelfristig unsere Wintergäste, vielleicht bescheren uns Artenschutzbemühungen andernorts auch noch neue Vogelarten. Vielleicht schaut der Kolkrabe, der bereits im nahen Staatswald horstet, endlich mal vorbei. Wir bleiben gespannt.
Tabelle 1: Liste der Gartenvögel zwischen 1994 und 2020
Regelmäßige BrutvögelAmsel, Blaumeise, Feldsperling, Hausrotschwanz, Haussperling, Kleiber, Kohlmeise, Mönchsgrasmücke, Star, Türkentaube
Gelegentliche BrutvögelFitis, Grünfink, Ringeltaube, Singdrossel, Trauerschnäpper, Zilpzalp, Zaunkönig
Regelmäßige GästeBachstelze, Baumläufer, Braunelle, Buchfink, Eichelhäher, Elster, Erlenzeisig, Gimpel, Girlitz, Goldammer, Großer Buntspecht, Grünspecht, Kernbeißer, Mauersegler, Mehlschwalbe, Mittelspecht, Sperber, Stieglitz, Sumpfmeise, Rabenkrähe, Rauchschwalbe, Rotkehlchen, Tannenhäher, Tannenmeise, Turmfalke, Wacholderdrossel, Waldlaubsänger
Gelegentliche GästeGartenrotschwanz, Graureiher, Grauschnäpper, Habicht, Misteldrossel, Schafstelze, Schwanzmeise, Stockente, Waldkauz, Weißstorch
WintergästeBergfink, Goldhähnchen, Haubenmeise, Seidenschwanz
Zug- und StrichgästeGrauspecht, Kuckuck, Nachtigall, Pirol, Ziegenmelker

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