Forschungs- und Innovationsprojekt
Wissenschaftliches Monitoring zur Regeneration von Flechten-Kiefernwäldern (Projekt ST 382)

Lichter Kiefernwald mit grünen und weißen Flechten am BodenZoombild vorhanden

Abb. 1: Typisches Erscheinungsbild eines Flechten-Kiefernwaldes. Derart flechtenreiche Ausbildungen sind in Bayern kaum mehr anzutreffen. (© B. Mittermeier)

Flechtenreiche Kiefernwälder waren früher in manchen Teilen Bayerns großflächig vorhanden, besonders in Franken und in der Oberpfalz. Heute ist dieser Waldtyp allerdings stark im Rückgang begriffen, weshalb gezielte Erhaltungs- bzw. Wiederherstellungsmaßnahmen notwendig sind.

Flechtenreiche Kiefernwälder stocken auf trockenen, sehr nährstoffarmen und sauren Standorten. Mattwüchsige Kiefern (Pinus sylvestris) dominieren die Baumschicht, Flechten bedecken teppichartig den zumeist sandigen Untergrund. Bei den meisten heute noch vorhandenen Beständen handelt es sich zumeist um Waldsukzessions- oder -degradationsstadien. So wurde über Jahrhunderte im Zuge des Streurechens das ohnehin geringe Nährstoffkapital auf solchen Standorten regelmäßig – etwa alle zehn bis fünfzehn Jahre – entfernt. Dadurch wurde der Boden so nährstoffarm, dass Kräuter, Gräser und selbst Moose sich kaum entfalten konnten. Somit war der Raum frei für die langsam wüchsigen, genügsamen und konkurrenzschwachen Bodenflechten. Durch das Ausbleiben der Streunutzung und atmosphärische Stickstoffeinträge ist der Waldtyp heute allerdings stark im Rückgang begriffen.

Nichtstun ist keine Lösung

Fein gefiederte PflanzeZoombild vorhanden

Abb. 2: In Bayern seltene Flachbärlappe (© A. Scheiblhuber)

Lässt man der Entwicklung freien Lauf, werden die verbliebenen Bestände in Bayern weitgehend und rasch verschwinden. Es besteht also dringender Handlungsbedarf, um dem negativen Entwicklungstrend entgegenzuwirken und Bestände mit einem ansatzweise vollständigen Arteninventar (insbesondere bezüglich der Flechten) zu erhalten.

Dies gilt v. a. auch im Kontext von Natura 2000, wonach die Mitgliedsstaaten zu einem Erhalt bzw. einer Wiederherstellung des günstigen Erhaltungszustandes dieses Lebensraumtyps (91T0) verpflichtet sind.
Korallenförmiges Moos in NahaufnahmeZoombild vorhanden

Abb. 3: Das Islandmoos ist eine in Flechten-Kiefernwäldern häufige Flechtenart (© A. Scheiblhuber).

Notwendige Erhaltungs- und Wiederherstellungsprojekte können nur gelingen, wenn aktiv und steuernd in die Systeme eingegriffen wird. Dies kann z. B. durch eine Entfernung des Oberbodens (Streu-, Humusschicht) und/oder eine Beimpfung mit Flechtenbruchstücken (Thalli) erfolgen.

Um den Erfolg derartiger Regenerations-Maßnahmen bewerten zu können, ist es allerdings erforderlich, die vor Ort getätigten Maßnahmen wissenschaftlich zu begleiten und mit einem Monitoring zu verbinden. Nur so lassen sich klare Aussagen über die Wirkungen bzw. mögliche Erfolge oder Misserfolge der umgesetzten Maßnahmen treffen (evidenzbasierter Waldnaturschutz).

Methodik

Genau aus diesem Grund wurde 2016 durch das damalige Fachgebiet Geobotanik der TU München eine vegetationskundliche Versuchs- und Monitoringfläche im Nürnberger Reichswald angelegt. Das Projekt ST 382 beinhaltet die erstmalige Wiederholungsaufnahme und Auswertung dieses Regenerations-Experiments, welches folgende vier Versuchs-Varianten umfasst:
  • „00“ keine Maßnahmen,
  • „0“ Entfernung des Oberbodens (Streu-, Humusschicht) ohne Beimpfung mit Flechtenthalli,
  • „1/2“ Entfernung des Oberbodens mit Beimpfung (geringe Menge an Thalli; 2 g/m²) sowie
  • „1“ Entfernung des Oberbodens mit Beimpfung (doppelt so große Menge an Thalli; 4 g/m²).
Jede Variante wird durch 10 Versuchsflächen repräsentiert, woraus ein Gesamtumfang von 40 Versuchsflächen resultiert (vgl. Abbildung 4). Jeder Plot ist 6 x 6 m groß, wobei sich die Aufnahmen der Waldbodenvegetation auf eine 4 x 4 m große Kernfläche konzentrieren, die von einem 1 m breiten Pufferstreifen umgeben ist. Alle Plots befinden sich in unmittelbarer räumlicher Nachbarschaft (sog. „Blockdesign“); die Zuordnung der Varianten zu den Flächen erfolgte nach dem Zufallsprinzip.

Skizze zeigt das Flächendesign des Versuchs von oben

Abb. 4: Versuchsdesign des Regenerations-Experiments im Nürnberger Reichswald in der Nähe von Leinburg. Der Block-Versuch umfasst vier verschiedene Varianten mit jeweils 10 Wiederholungen. Die Zuordnung der Varianten erfolgte nach dem Zufallsprinzip.

Zielsetzung

Die Dokumentation der Vegetationsentwicklung auf den Versuchsflächen bietet erstmals die Chance, die Wirksamkeit der vier verschiedenen Varianten nach zwischenzeitlich sieben Jahren Versuchslaufzeit zu quantifizieren und miteinander zu vergleichen. Dadurch können wissenschaftlich fundierte Praxisempfehlungen für eine erfolgreiche Regeneration von flechtenreichen Kiefernwäldern abgeleitet werden, wodurch die Initiierung und Durchführung künftiger Erhaltungs- und Wiederherstellungsprojekte auf eine solide Basis gestellt wird.

Projektinformationen
Status: In Bearbeitung
Laufzeit: 01.04.2023 - 29.02.2024
Finanzierung: Mittel der Bayerischen Forstverwaltung
Projektleitung: